Sicher haben Sie das auch schon erlebt: Sie kennen eine Person nur aus den sozialen Netzwerken und plötzlich stehen Sie einander gegenüber. Sie sind irritiert, weil Sie sich diese Person ganz anders vorgestellt haben. Sie reagieren enttäuscht oder sind positiv überrascht.

In diesem Beitrag stelle ich Ihnen die drei wichtigsten Elemente der digitalen Körpersprache vor und zeige Ihnen, wie Sie analog und digital glaubwürdig auftreten.

Foto: shutterstock

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Digitale Körpersprache: Was verbirgt sich dahinter?

Der Begriff “digitale Körpersprache” stammt von Dr. Kerstin Hoffmann, einer Kollegin, deren Bücher und Rat ich seit Jahren schätze. Sie spricht auch von “digitalem Menschenverstand” – doch dazu später.

Jeder Mensch versucht sein Gegenüber einzuschätzen: Sympathisch oder unsympathisch? Wir bewerten im Bruchteil von Sekunden – auch in der digitalen Welt. Dabei nutzen wir die nonverbalen Signale, die uns die sozialen Netzwerke in kleinen Häppchen täglich bieten.

Soviel verraten Profilfotos über Ihre Identität

Als Berater für Unternehmermarken begutachte ich bei jedem neuen Kunden zuerst die Online-Präsenz: Ein Klick bei Google und schon präsentiert mir die Bildersuche eine Vielzahl von Profilfotos: Von bieder bis smart ist alles dabei. Manche inszenieren sich humorvoll, andere eher als Bilderrätsel.

Sehr schnell entsteht ein erster Eindruck und ich bin gespannt, ob dieser zu der Stimme meines Kunden am Telefon passt und später bei der realen Begegnung als authentisch bestätigt wird. Ich registriere diese Signale sehr aufmerksam und spiegle sie auch meinem Kunden auch sehr offen.

Verkaufen Sie sich unter Wert?

Erst kürzlich kam ein Kunde zu uns auf den Gutshof, der selbst in der Kommunikationsbranche aktiv ist. Mein Eindruck: Im persönlichen Gespräch agiert er dynamisch und frisch. Spontan fiel mir der Begriff “Jungenhaft” ein, weil ich ihn auch clever, mutig und frech erlebe.

Doch auf den Profilfotos im Internet präsentierte er sich für meine Empfindung seriös und und einen Tick zu bieder. Das “jungenhafte” und frische Elemente war nicht zu erkennen. Mein Eindruck: Dieser Kunde verkauft sich unter Wert, schließlich zählt in der Kommunikationsbranche die innovative Frische zu den Kernerwartungen potentieller Kunden.

Achten Sie auch auf die Details

Zu den nonverbalen Signalen zählt auch Ihre Kleidung. Ihr persönlicher Geschmack und Ihre Stilsicherheit wird auf zahlreichen Fotos sichtbar. Ich habe einige Kunden, die großen Wert auf “Corporate Dresscode” legen: Gerade im medizinischen Bereich ist das ein Klassiker. Umso stimmiger, wenn statt dem Ärzte-Weiß modische Pastellfarben in der Berufskleidung eingesetzt werden.

Der “Corporate Dresscode” hat etliche Vorteile: Er gibt den Mitarbeitern Sicherheit, erleichtert die tägliche Kleidungswahl und stärkt die Identität als Team. Zudem bietet er auch Kunden einen starken Wiedererkennungseffekt und darüberhinaus auch steuerliche Vorteile. Auf der Kontra-Seite: Der Wunsch mancher Mitarbeiter nach individueller Kleidung und stärkerer Differenzierung ist häufig erst nach Feierabend möglich.

Rote Hemden auf dem Messestand

Zu den besonders cleveren Kunden zählt Walter Stuber, der für sein Unternehmen rote Hemden als “Corporate Dresscode” gewählt hat. Auf den Profilfotos trägt er als Chef der Gemeinhardt Spezial Gerüstbau trägt er zum dunkelblauen Sakko natürlich auch das rote Firmenhemd.

Im Februar habe ich ihn und sein Team auch am Messestand beobachtet: Alle Repräsentanten im roten Hemd – das fällt auf und wirkt gleichzeitig wieder stimmig, weil auch in der digitalen Welt mit diesen nonverbalen Signalen gearbeitet wird.

Selbstverständlich können Sie diese Stimmigkeit, die Walter Stuber lebt, nicht 1:1 auf Ihr Unternehmen übertragen. Dennoch glaube ich, dass sein Erfolgskonzept vorbildlich ist: Die digitalen Signale müssen mit den analogen übereinstimmen.

Wie glaubwürdig sind Ihre Videos?

Damit komme ich zur Königsdisziplin der digitalen Körpersprache: Den Videos. Hier spielen alle Faktoren zusammen. Neben dem Visuellen  werden nun auch Ihre Stimme und Ihre Bewegungen übertragen. Aus einer Flut von Signalen bildet sich beim Zuschauer sehr schnell ein Gesamteindruck. Die Gretchenfrage: Passen die Signale zueinander?

Falls nicht, entsteht beim Betrachter schnell ein Störgefühl: Diese Person ist nicht authentisch, sie agiert künstlich, wie im Rollenspiel, das ist nicht echt, da stimmt was nicht… Häufig erkennt der Zuschauer gar nicht, was ihn stört, sondern spürt nur ein Gefühl der Irritation, das ihn warnt und unsicher werden lässt.

Die Unsicherheit vor der Kamera

Ich kenne diese Emotionen sehr gut: Vor 30 Jahren habe ich als Journalist im Privatfernsehen angefangen und selbst jahrelang Talkshows und auch Magazinsendungen moderiert. Ich habe hunderte von Menschen vor der Kamera erlebt, ihre Unsicherheit und mit ihnen gefiebert. Von daher sind mir die medialen Klippen und Hürden wohl vertraut.

Auf diesem Hintergrund ermutige ich Unternehmer vor ihrem ersten Kameraauftritt erst einmal zu trainieren. Für jeden Sportler ist das selbstverständlich mit einem Coach auf dem Golfrasen zu trainieren. Doch im Zeitalter von Smartphones glauben etliche Führungskräfte, sie könnten ohne Übung selbst Kameramann und Moderator sein.

Trainieren Sie den Umgang mit der Kamera

Es gibt einige wenige Naturtalente, die ohne Scheu mit der Kameralinse flirten: Boris Thomas zählt dazu – als Chef von Lattoflex tritt er selbstbewußt vor die Kamera und erzählt souverän, was ihn an der Marke begeistert.

Doch für viele Unternehmer, die von ihrer Persönlichkeit eher introvertiert sind, gibt es vor dem Video manche Hürde zu überwinden. Hier hilft ein praktisches Mediencoaching, um Sicherheit und Selbstbewusstsein vor der Kamera zu entwickeln. Ich freue mich sehr, dass Doro Plutte in meinem Team diesen Part digitale Körpersprache professionell übernimmt.

Dabei spielt die analoge Körpersprache eine wichtige Rolle: Nur wenn Sie die Risiken und Regeln kennen, fühlen Sie sich vor der Kamera sicher und können souverän die ganze Technik rundherum vergessen. Ihre Zuschauer spüren, dass Sie sich wohl in Ihrer Haut fühlen – auch im digitalen Format – und der Funke springt über.