Als Unternehmer stehen Sie täglich vor der Herausforderung, die richtigen Entscheidungen zu treffen. Im heutigen Gastbeitrag stellt Ihnen meine Kollegin Monika Bylitza neue Forschungsergebnisse aus dem Neuro-Marketing vor und zeigt Ihnen wie Gefühl und Verstand aus dem Vollen schöpfen:

Entscheidung

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Neulich war ich auf einer Feier und einer der Gäste sagte: „Lasst uns ein Spiel spielen.“ Jeder, der mich näher kennt, weiß, dass ich fast alles lieber mag als Gesellschaftsspiele. Außer mir waren alle begeistert und ich hoffte nur noch still und leise, dass nicht Karaoke aus dem Hut gezaubert würde oder psychologische „Was wäre wenn“-Karten. Ich schluckte meine Gefühle tapfer hinunter und hoffte, dass ich beschwingt und möglichst unbeschwert den Abend überstehen würde. Im Hintergrund ertönte eine Stimme: „Lasst uns etwas spielen, was wir von Kindergeburtstagen kennen.“ „Ach du meine Güte“, dachte ich, „das wird ja immer schlimmer.“ Mein Traum von einem entspannten Abend mit fröhlicher Stimmung zerplatzte in einer Minute.

Kreativität ohne Grenzen

Spontan sagte der Erste aus der Runde: „Ich packe meinen Koffer und nehme eine Flasche Wein mit.“ Nummer zwei folgte: „Ich packe meinen Koffer und nehme eine Flasche Wein und einen französischen Käse mit.“ Na ja, es hätte schlimmer kommen können und meine Hoffnung wuchs, dass der Abend nach 30 Minuten wieder normal werden würde. Sicher kennen Sie dieses Gedächtnisspiel?! Plötzlich entstand kreativer Wildwuchs. Zum Käse und Wein gesellten sich noch weitere Delikatessen, bis jemand auf die Idee kam, das Gefühl mit auf die Reise zu nehmen und der nächste Reisende auf jeden Fall dem Verstand einen Platz im Reisegepäck anbot.

Raum für Dialog

Aus einem Gesellschaftsspiel wurde so ein Gedankenspiel mit engagierten Botschaften. Wozu braucht man das Gefühl? fragten die einen. Vergiss den Verstand, sagten die anderen. Brauchen Entscheidungen überhaupt Gefühl? Natürlich! Was sonst! Wirklich? Welche Requisiten braucht der Mensch in seinem Lebenskoffer für gute Entscheidungen und gelingendes Leben? Führt allein logisches Denken zu einer Entscheidung oder sollen wir nicht zuerst auf unser Herz hören, wenn es um wichtige Entscheidungen geht? Innerhalb kurzer Zeit teilten Menschen auf einer Party ihr Wissen mit Überzeugung, Begeisterung und Engagement und haben mich ermutigt, mehr in dieses Thema einzusteigen.

Es lebe die Vernunft

Viele der genannten Fragen sind nicht leicht zu beantworten, aber Neurowissenschaftler sind sich einig, dass Gefühle den Verstand bei seiner Entscheidungsarbeit unterstützen und deshalb unverzichtbar sind. Es gibt immer den traditionellen Weg der Vernunft. Hier findet sich ein großer Teil des strategischen Denkens wieder. Kopfmenschen durchdenken und analysieren jede Herausforderung und sind stolz auf ihren klaren Verstand. Nach der Entscheidungstheorie der „höheren Vernunft“ werden viele Informationen gesammelt und bewertet, bis sich eine richtige Lösung entwickelt hat. Hier stellt sich die große Herausforderung, einen angemessenen Zeitpunkt für eine Entscheidung zu finden. Im normalen Alltagswahnsinn muss fast jeder Vernunftmensch anerkennen, dass er niemals alle Informationen zur Verfügung gestellt bekommt, die seine Suche nach ausreichenden Informationen beendet. Viele Kopfmenschen stehen in der Gefahr, mehr Zeit als angemessen zu investieren. Das Wort „Entscheidungsstau“ könnte jetzt in Ihren Gedanken auftauchen und ein bestimmtes Gefühl in Ihnen hervorrufen. Gefühl? Ja, Gefühl!

Ein Hoch auf die Intuition

Der amerikanische Neurologe Antonio R. Damasio weist darauf hin, dass das Gehirn sich nicht immer an die reine Vernunft hält. Vor allem nicht, wenn Menschen sich in Sekundenschnelle entscheiden müssen. Er untersuchte hirnverletzte Patienten und musste feststellen, dass rationale und vernünftige Entscheidungen nicht möglich sind, wenn Zonen der rechten Gehirnhälfte beschädigt sind. In der rechten Gehirnhälfte werden im limbischen System, vor allem im Mandelkern, Informationen aus dem Körperinneren verarbeitet. Damasio sagt, dass die Vernunft möglicherweise nicht so rein ist, wie die meisten Menschen denken oder wünschen, dass Gefühle und Empfindungen vielleicht keine Eindringlinge im Reich der Vernunft sind, sondern zu unserem Vor- und Nachteil in ihre Netze verflochten sein könnten. Das klingt ein wenig kompliziert, ist aber nichts anderes als ein Lob auf die menschliche Intuition.

Sagt der Berater die Wahrheit?

Mir fallen sofort viele Beispiele ein. Wenn meine Kinder mich mit großen Augen angeschaut haben und mir irgendwelche Märchen erzählen wollten, habe ich sofort gespürt, dass diese kleinen Quälgeister mir nicht die Wahrheit sagten. Oder wenn ich als ahnungslose Kundin eine Krankenversicherung oder einen Handyvertrag benötige, kann ich aus meinem Verstand heraus nicht beurteilen, ob der Berater die Wahrheit sagt oder nicht. Dennoch habe ich ein gutes oder ein schlechtes Gefühl, das ich mit meinem Verstand nicht erklären kann. Ich selber war viele Jahre Wertpapierberaterin und musste mich damit abfinden, dass ich für die meisten Kunden im Erstgespräch eine „Verbrecherin“ war. Das habe ich ihnen nicht übel genommen, weil viele von ihnen schlechte Erfahrungen gesammelt hatten. Dennoch fühlten sich die ersten Beratungsminuten für beide Seiten nicht gut an.

Ein klarer Verstand und ein warmes Herz

Für viele Fragen des Lebens gibt es nicht den perfekten Tipp oder den passenden Ratgeber. Gefühl und Verstand bilden eine muntere Truppe, die viel Raum im Denken benötigen. Manchmal kämpfen sie um Platzvorteile, aber es kommt immer darauf an, dass beide sinnvoll eingesetzt werden, um Lebensziele zu erreichen. Es gibt keine Garantie für richtige Entscheidungen und Fehler gehören zum Leben. Um kluge Entscheidungen treffen zu können, brauchen wir beides: einen klaren Verstand und ein warmes Herz! Ist doch logisch, oder?

Monika Bylitza sammelte 20 Jahre Praxiserfahrungen auf den Gebieten Personalführung, Coaching und Vertrieb bei einer deutschen Großbank. Heute unterrichtet sie an der TYP Akademie, wie authentisches Verkaufen und Präsentieren gelingt. Termine unter: www.typakademie.de/bylitza