Sie  wollen diesen Job – unbedingt. Das Bewerbungsgespräch läuft bislang gut. Dann werden Sie nach Ihren Stärken gefragt, aber auch nach Ihren Schwächen. Wer kennt das nicht. Hier will der Arbeitgeber genau wissen, wen er vor sich hat. Der Druck ist hoch, gut dazustehen. Schließlich gibt es den Traumberuf nicht wie Sand am Meer. Wie reagieren Sie? Wie schaffen Sie es, Ihre Stärken herauszustellen und die Schwächen für sich zu nutzen? Wie verkaufen Sie sich richtig?

Foto: Shutterstock

Foto: Shutterstock

Im digitalen Zeitalter genügt es aber längst nicht mehr, nur im direkten Kontakt mit anderen auf die Eigendarstellung zu achten. Auch im Internet findet Markenpflege statt. Viele Menschen machen sich zu wenig Gedanken über ihr digitales Image. Wer bin ich, wenn ich online bin? Welche Spuren hinterlasse ich?

Als Mentor begleite ich vier junge Männer, die zwischen 22 und 30 Jahre alt sind. Die Generation der „Digital Natives“ geht völlig selbstverständlich mit dem Internet um: Tim studiert Betriebswirtschaft und ist täglich bei Facebook unterwegs. Gemeinsam mit seiner Freundin fragt er sich, wie es nach dem Studium beruflich weitergeht. Doch sein “digitales Image” prägt er schon heute, mit jedem einzelnen Post, jedem Foto, das er ins Internet hochlädt. Seine digitalen Spuren – ob es politische Statements oder banale Partyfotos sind – werden eines Tages vielleicht entscheiden, ob er seinen Traum-Job erhält.

Was ist Personal Branding?

Selbst-Marketing – das klingt für viele nach der bewussten Inszenierung einer gar nicht vorhandenen Persönlichkeit, nach etwas, das zum täglichen zwielichtigen Geschäft von Imageexperten und PR-Strategen gehört. Deren Ziel: irgendwelchen Promis publicityträchtige Charaktereigenschaften anzuhängen, um ihnen ins Zentrum der medialen Aufmerksamkeit zu verhelfen. Ich möchte Ihnen versichern: Das verstehe ich definitiv nicht unter Personal Branding. Sicher, es geht um Markenbildung, es geht darum, sich selbst als starke Personenmarke in den Köpfen der Mitmenschen zu verankern, sichtbarer zu werden und mehr Erfolg zu haben – aber keinesfalls mit konstruierten Wesenszügen oder ausgedachten Marotten, sondern als echte, natürliche, authentische Person. Jeder Mensch ist ein Original und steht mit seinem Namen, mit seinem Leben für etwas: für ein Thema, für eine Botschaft, für eine Haltung. Und wenn er dieses Thema, diese Botschaft, diese Haltung ergründet und reflektiert hat und dann mit ihr nach außen geht, sie konsequent, konsistent und klar kommuniziert – dann ist das Personal Branding.

Wiederkennungswert schaffen: Durch den eigenen Stil

Ein erfolgreich etabliertes Personal Branding, eine Markenidentität kann man aber nur dann bewahren, wenn man ihr und damit dem eigenen Stil treu bleibt. Dieser Stil schlägt sich in ganz verschiedenen Bereichen nieder: in der Art und Weise, wie ein Mensch sich kleidet, ob er Fahrrad oder Auto fährt, mit welchen Dingen er sich umgibt, wie sein Zimmer aussieht. Bleiben wir noch kurz bei einem meiner Lieblingsthemen – dem Kleidungsstil. Ob klassisch oder extravagant, sportlich oder natürlich – er muss zum jeweiligen Menschen passen. Denn nur dann gibt es den so wichtigen Wiedererkennungseffekt. Kennen Sie den Stilexperten und Buchautor Bernhard Roetzel? Sein Buch „Der Gentleman“ ist seit über 10 Jahren ein Bestseller und schon in 19 Sprachen übersetzt worden. Bernhard Roetzel kleidet sich immer im Stil eines englischen Landlords, ein bisschen klassisch, ein bisschen sportlich – eben very british. Und genau das ist seine Markenidentität, sein Markenauftritt. Und diesen Auftritt gestaltet er ganz konsequent, bis hin zum Schnürsenkel.

Die eigenen Schwächen feiern

Je mehr sich der Alltag vom analogen in den digitalen Sektor verschiebt, desto schwieriger wird es, in beiden Lebensbereichen stimmig und glaubwürdig aufzutreten. Auf der einen Seite muss ich meine Persönlichkeit gut kennen, auf der anderen Seite benötige ich professionelles Handwerkszeug, um im Internet glaubwürdig zu agieren. Hier ist eine „Digitale Imageberatung“ gefragt: Menschen, die sich mit ihrer eigenen Marke auseinander gesetzt haben und in der Lage sind, andere Personen in ihrer Selbst- und Fremdwahrnehmung zu coachen.

Als engagierter Christ zählt Ehrlichkeit zu den zentralen Grundwerten. Das bedeutet auch: Meine eigenen Schwächen zuzugeben. Ich habe gemerkt: Je besser ich meine mangelnden Begabungen und charakterlichen Mankos kenne und akzeptiere, desto leichter kann ich darüber sprechen. Der bekannte Theologe Christian Schwarz ermutigt regelrecht dazu, die „eigenen Schwächen zu feiern“. Das ist die Premium-Stufe, wenn ich meinen Mangel nicht zugebe, sondern souverän darüber sprechen kann. Dann hat mir mein Selbstmarketing auch Selbstvertrauen gebracht.

Gleichzeitig würde ich keinem Bewerber dazu raten, ungefragt alle Schwächen aufzuzählen – das wäre unklug. Doch auf die konkrete Nachfrage sollte ich ein, zwei Punkte formulieren, die klar zu meinen Schwachpunkten zählen – und für den Job vielleicht auch gar nicht relevant sind.

Selbstdarstellung: Was erzähle ich, was nicht?

Die Grenze beginnt bei der Vertraulichkeit. Alles, was mir andere Menschen unter dem Siegel der Verschwiegenheit anvertraut haben, muss in jedem Fall unter uns bleiben. Das gilt nicht nur für seelsorgerliche Inhalte, sondern auch für familiäre Details, die nicht in die Öffentlichkeit dringen sollen. An der Hochschule oder dem ersten Arbeitsplatz gibt es Themen, die der Verschwiegenheit unterliegen: Konkrete Forschungsprojekte, internes Firmenwissen, Personal-Entscheidungen, die noch nicht publik sind. Dazu zählen auch vertrauliche Informationen von und über Kollegen.

Ich rate grundsätzlich dazu, jede Form von Tratsch zu vermeiden. Wenn Sie auf Dauer das Vertrauen von Kommilitonen, Arbeitskollegen und Vorgesetzten gewinnen wollen, sollten Sie sich für die Diskretion entscheiden.