Hand aufs Herz: Welcher Vorgesetzte traut sich heute noch zu einem klaren Statement? Zwischen „Politicial Correctness“ und „Fake News“ scheint es immer schwieriger, die Wahrheit zu sagen und auch zu finden.

Martin Baron hat Mut: Der Chefredakteur der Washington Post zählt zum Erzfeind des neuen amerikanischen Präsidenten. Er ist für Trump ein Vertreter der „Fake News“, ein Nachrichtenchef, der die Fakten verdreht.

Für Hollywood ist Martin Baron dagegen ein Held. Seine Arbeit als Faktenchecker und ehrlicher Journalist wurde in dem Film „Spotlight“ erst kürzlich mit dem Oscar ausgezeichnet. Baron hat mit seinen Kollegen in der katholischen Kirche einen lange geheim gehaltenen Missbrauchsskandal aufgedeckt. Diese Geschichte ist wahr.

Foto: JStone / Shutterstock.com

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Fakten-Check: Was ist Wahrheit?

Als langjähriger Journalist finde ich es gar nicht so einfach, die aktuelle Situation sauber zu analysieren: Wer hat Recht? Was ist Wahrheit? Wer blickt angesichts der Vielzahl von Meldungen überhaupt noch durch?

Am letzten Freitag hat die „Süddeutsche Zeitung“ das Thema Medien und den unterschiedlichen Umgang mit der Wahrheit ausführlich thematisiert: „Donald Trump meint, er befinde sich im Krieg mit der Presse. Die entgegnet: Wir sind nich im Krieg. Wir sind bei der Arbeit.“

Der Autor Fabian Heckenberger berichtet vom Revival der „Washington Post“, die fast totgesagt nun durch die Wahl Trumps eine Wiederauferstehung feiert: „Im letzten Quartal 2016 waren es 276.000 neue Digital-Abonnenten.“ Während der Präsident auf die angebliche Lügenpresse schimpft, treibt er damit hunderttausende von Amerikanern zu den Zeitungen, die für glaubwürdige Nachrichten, Fakten und Analysen bezahlen.

Ehrliche Kommunikation statt Vertuschung

Nach meinem persönlichen Eindruck steigt auch in Europa die Sehnsucht nach der Wahrheit. Viele Menschen suchen nach „Leuchttürmen“, öffentlichen Vorbildern, die zwischen Schwarz und Weiß auch noch die Grautöne unterscheiden können. Sie suchen Führungskräfte, die sich trauen, ihre Meinung öffentlich zu äußern und dann auch den Wind aushalten, der ihnen – je nachdem – aus der einen oder anderen Richtung entgegenschlägt.

In der Watergate-Affäre hat Ben Bradlee, der damalige Chef der „Washington Post“, ein Zitat geprägt, das mich auch 2017 noch inspiriert: „Die Wahrheit, egal wie schwierig sie ist, ist auf lange Sicht niemals so gefährlich wie eine Lüge.“

Auf diesem Hintergrund rate ich heute als Reputationsexperte meinen Kunden, offen über Krisen zu sprechen und diese auch in persönlichen Beiträgen online zu erzählen. Ich finde einen Unternehmer, der mutig seine Misserfolge gesteht, deutlich sympathischer und glaubwürdiger als einen Chef, der seine Krisen vertuscht.

„Nur beladene Schiffe haben Tiefgang“, hat mir vor Jahren eine Freundin erzählt. Dieses Prinzip gilt für mich auch bei der Kommunikation. Ich halte wenig von der Trump-Methode, durch eine pauschale Medienschelte von den eigenen Skandalen abzulenken. Auch wenn diese Taktik „leugnen, abstreiten, angreifen“ seit Jahrzehnten zum Standard-Programm mancher Führungskräfte zählt.

Wird 2017 zu einem Schicksalsjahr in Sachen Wahrheit?

Auch in Europa versuchen einige politische Parteien durch bewusste Falschmeldungen in den sozialen Netzwerken Stimmung zu machen. Häufig sind es diejenigen, die lautstark auf die „Lügenpresse“ schimpfen und selbst nur Propaganda bieten.

Ich mache Ihnen Mut, genau die Quellen zu prüfen: Wer ist der Absender? Wie vertrauenswürdig ist diese Information? Bei allem Medien-Bashing vertraue ich nach wie vor unseren öffentlich-rechtlichen Medien und den großen Printmedien. Durch die Gebührengelder und Verkaufserlöse leisten sie sich in der Regel teure Recherche-Abteilungen, die Fakten checken, bevor sie auf Sendung oder in den Druck gehen.

Gleichzeit stehen die führenden Medien in einem starken Wettbewerb: Wer falsche Nachrichten verbreitet, muss damit rechnen, schnell entlarvt zu werden und riskiert – wie bei den Hitler-Tagebüchern – einen massiven Reputationsverlust.

Bei den Landtags- und Bundestagswahlen wird es darauf ankommen, wie jeder einzelne Bürger mit den Meldungen in den sozialen Netzwerken umgeht. Meine Empfehlung: Prüfen Sie doppelt, welche Absicht hinter dem Post steckt, bevor sie ihn „liken“ oder teilen.

Wer lautstark wie Trump twittert, will meist von eigenen Problemen oder Schwachstellen ablenken.

Mein Tipp: Nutzen Sie als kritischer Bürger immer mehrere Quellen. Lesen Sie neben Ihrer Lieblingszeitung auch Magazine, die einem anderen politischen Spektrum zugeordnet werden. Vergleichen Sie die Reportagen im Privatfernsehen mit den Berichten der öffentlich-rechtlichen Sender.

Haben Sie den Mut, nicht nur die Mainstream-Meinungen zu teilen, sondern formulieren Sie Ihre eigene Position. Damit sichern Sie mit jedem Post die Demokratie und bereichern den öffentlichen Diskurs.