Martina Haas ist Networking-Expertin für Führungskräfte: Das habe ich bereits bei unserer ersten Begegnung nach meinem Vortrag für FOCUS in Berlin erlebt. Jetzt hat sie ein neues Buch geschrieben: “Vergesst Networking – oder macht es richtig” aus dem ich heute exklusiv den folgenden Auszug veröffentliche:

Führungskräfte
Foto: Shutterstock

Mitarbeiter sind Tripple-Netzwerkknoten

Mitarbeiter sind viel mehr als Arbeitskräfte und Know-how-Träger. Sie haben Netzwerke, die dem Arbeitgeber von extremem Nutzen sein können. Sie können großartige Botschafter des Unternehmens sein, die Produkte und Dienstleistungen selbst nutzen und gerne weiterempfehlen und neue Mitarbeiter rekrutieren.

Allerdings ist eines sicher: Mitarbeiter werden auf ihre wertvollen persönlichen Netzwerke nur dann für den Job zugreifen, wenn ihnen ihre Aufgabe und die Firma wichtig sind und dieses Engagement auch als wertvoll anerkannt wird. Ebenso sicher ist es von größtem Vorteil, gut vernetzte Mitarbeiter einzustellen und auch Menschen, die zwar noch kein großes Netzwerk haben, jedoch den Willen und die Fähigkeit, Beziehungen aufzubauen und am Laufen zu halten.

Viele Mitarbeiter haben direkten Kontakt zu Kunden und Dienstleistern, aber auch zu Kollegen in anderen Unternehmen und Experten. Das sind unendlich viele Optionen, das Unternehmen über die Mitarbeiter gut zu vernetzen.

Legen Sie keine Steine in den Weg

Sie als Führungskraft sollten sie dabei unterstützen und ihnen keine Steine in den Weg legen, während Sie als Mitarbeiter genau diese Unterstützung einfordern sollten, zu beiderseitigem Nutzen. Die Beziehungen der Mitarbeiter zu Kunden sind durch das Tagesgeschäft häufig viel intensiver als die Kundenbeziehungen von Führungskräften.

Jeder Mitarbeiter, ob Teammitglied oder Führungskraft, hat ein Privatleben, ein familiäres Umfeld, einen Freundes- und Bekanntenkreis und Freizeitaktivitäten vom Sport über soziales, ehrenamtliches bis zum politischen Engagement. Den alten Grundsatz, man solle Privates und Geschäft trennen, sehe ich mittlerweile sehr differenziert.

Wir leben in Zeiten, in denen sich durch die Social Media und Smartphones beide Sphären überlappen. Leben und arbeiten sind für viele Menschen keine getrennten Welten. Man betrachte nur die Start-up-Kultur. Doch auch für viele freiberuflich Tätige und Unternehmer gilt das: Wir arbeiten von überall aus und sind rund um die Uhr verfügbar. Ob das gut ist, sei dahingestellt.

So verbessern Sie die Arbeitsergebnisse

Mitarbeiter sind nicht nur in Teams oder Abteilungen eingebunden, sondern Teil eines großen Ganzen. Wie sehr sie sich dem Unternehmen zugehörig fühlen, hängt nicht nur von ihnen ab, sondern von der Unternehmenskultur und den Vorgesetzten. Ein gutes betriebliches Netzwerk erleichtert Mitarbeitern durch schnellen oder sogar barrierefreien Zugang zu Informationen die Arbeit und lässt sie über den Tellerrand ihrer Abteilung schauen. So begreifen sie das Unternehmen als Ganzes. Das verbessert und beschleunigt die Arbeitsergebnisse unmittelbar.

Eine meiner wichtigsten Erkenntnisse für Unternehmen, Führungskräfte und angehende Führungskräfte, aber auch für Mitarbeiter ist: Networking ist eine zentrale Führungsaufgabe: Es reicht nicht, dass Führungskräfte gut vernetzt sind. Es erleichtert deren eigene Arbeit ungemein und führt zu besseren Ergebnissen, wenn Mitarbeiter über starke interne und externe Verbindungen verfügen.

Fühlen sie sich wohl, werden sie für ihre Arbeit und das Unternehmen auch auf ihre privaten Netzwerke zurückgreifen. Mitarbeitern sei zugerufen: Nehmen Sie Ihre Vorgesetzten in die Pflicht, Sie beim beruflichen Netzwerkaufbau aktiv zu unterstützen. Wenn diese das nicht tun, vergeuden Sie womöglich Ihre Zeit. Bewerben Sie sich in eine andere Abteilung, wo man Sie mehr fördert, oder orientieren Sie sich neu.

Führungskräfte: Wenn das Vertrauen fehlt

Seit Jahren beobachte ich jedoch, wie schlecht die interne Vernetzung und der Wissenstransfer in vielen Unternehmen funktioniert. Zum Teil wird beides systematisch behindert. Ein gravierender Grund ist die Unternehmenskultur: Wird fehlende Offenheit und Vertrauen von ganz oben vorgelebt, setzt sich das in den folgenden Hierarchiestufen fort. Die Folge ist: Mitarbeiter resignieren oder folgen anderen Verlockungen.

Es gibt genügend Unternehmen, die sie mit Kusshand nehmen. Ein anderer Grund sind einzelne Führungskräfte: Es gibt schwache Vorgesetzte, die ihr sogenanntes Herrschaftswissen wie einen Schatz hüten. Hinzu kommen Fehlbesetzungen. Oft werden geschätzte Experten zur Führungskraft befördert, die bislang im Elfenbeinturm arbeiteten und schlecht vernetzt sind.

Häufig waren sie in ihrer alten Funktion glücklicher und auch den Mitarbeitern hätte man einiges erspart, hätte man die Experten Experten sein lassen. Daneben gibt es die Unfähigen und die Unerfahrenen, die allein gelassen werden.

Fördern Sie die externe Vernetzung

Führungskräfte sollten neben der internen auch die externe Vernetzung der Mitarbeiter vorantreiben. Schicken Sie sie zu Messen, Kongressen und anderen Events und zur Fortbildung. Dort werden sie – entsprechendes Networking-Know-how vorausgesetzt – innerhalb sehr begrenzter Zeit viele neue und vor allem hochwertige Kontakte knüpfen und alte pflegen. Die Kosten werden durch den Nutzen schnell eingespielt. Bitte rechnen Sie nicht jeden Cent auf.

Heben Sie den Schatz. Vergolden Sie Ihre Mitarbeiter: Was für eine Reichweite! Was für ein Potenzial, Ideen zu generieren und mit anderen zusammen zu innovativen Lösungen zu kommen. Sie erinnern sich an die Stärke der schwachen Beziehungen und dass wir über sechs Menschen mit allen anderen verbunden sind. Bei Spezialfragen wird Ihnen wahrscheinlich jemand außerhalb des Unternehmens weiterhelfen können.

Unterstützen Sie das Wachstum der Mitarbeiter

Gerne stimme ich Bill Gates zu, dem das Zitat zugeschrieben wird: „Wenn wir auf das nächste Jahrhundert schauen, dann werden diejenigen Führer sein, die andere ermutigen.“ Ich ergänze: Es werden diejenigen sein, die ihre Mitarbeiter beim Wachsen unterstützen, indem sie ihnen zuvorderst helfen, unternehmensintern gut vernetzt zu sein.

Jürgen Klopp hat das verinnerlicht, wie seine Leitsätze aus dem Video „The Art of Leadership 2019“, Die Kunst der Führung 2019, zeigen: „Lebe für die Spieler. Beziehungen sind #1. Sei empathisch, verstehe und unterstütze. Umgib dich mit Experten. Gib zu, wenn du von etwas keine Ahnung hast. Lerne die Namen aller.“ Damit kommt jede Führungskraft sehr weit. Die Welt nennt Klopp übrigens den Größermacher.

Bringen Sie Ihren Mitarbeitern das Netzwerken bei

Mein ehemaliger Chef und Mentor machte es richtig: Am ersten Arbeitstag gab er mir eine Liste mit 20, 30 wichtigen Personen aus dem Konzern, die ich in den ersten vier, fünf Wochen kennenlernen sollte: Bereichsleiter, Geschäftsführer in Beteiligungen und wichtige Menschen an Schnittstellen.

Als noch unbeschriebenes Blatt war ich überall willkommen und erfuhr viel über die Arbeit in anderen Bereichen und die Menschen dort. Diese ersten Gespräche haben mir später, als es um Fachliches ging, sehr geholfen.

Auszug aus dem neuen Buch “Vergesst Networking” von Martina Haas. Verlag C.H.Beck