Heute morgen hat meine Frau einen Stapel alte Geburtstagskarten entdeckt: Sie lagen in einem Dekoschränkchen, das wir beide nicht nutzen. Zum Frühstück lese ich die Glückwünsche aus dem Jahr 2017. Berührende Worte – vor allem weil drei der Gratulanten bereits seit einigen Jahren tot sind.

Zurück in die Zukunft

Bei Filmemachern gibt es ein Kunstmittel, das gerne genutzt wird, um dem Zuschauer Zeitsprünge sichtbar zu machen: Flashback zeigt Situationen aus der Vergangenheit, Flashforward deutet an, was in der Zukunft passieren wird.

Die Geburtstagskarten haben mich heute auf eine sehr spannende Zeitreise geführt: 2017 sind wir nach Nordhessen gezogen. Mit meiner Frau habe ich den ersten Geburtstag im Gutshof gefeiert.

Das drücken auch die Karten aus: „Wir gratulieren herzlich und wünschen euch beiden auf dem Hofgut viele gute Erfahrungen! Ja, wie mag es euch ergehen? Hat sich euer Traum erfüllt?“

Ich zoome emotional in die Jetzt-Zeit: Der Traum vom Hofgut ist schon seit einem Jahr ausgeträumt. Privat leben wir noch auf dem Gutshof, aber die Seminare finden schon seit letzten Herbst in drei Hotels statt.

Versunkene Schätze

Bei vielen Umschlägen erkenne ich sofort an der Schrift, wer mir geschrieben hat. Meist kommen die Glückwünsche von Menschen, die noch kein WhatsApp nutzen. Eine Tante gratuliert mit einer gelben Rose. Über viele Jahre hat sie zum Geburtstag einen selbstgebackenen Kuchen per Post geschickt. Doch nun ist ist sie schon seit drei Jahren tot.

Ich glaube jeder von uns kennt Menschen, die wie versunkene Schätze nicht mehr im Leben präsent sind. Ihr Duft ist verschwunden, zurück bleiben Erinnerungen an eine vergangene Zeit.

Heute erinnere ich mich mit Dankbarkeit an diese drei Menschen. die bereits gestorben sind: An all das Gute, was ich mit ihnen erlebt habe – aber auch an schmerzhafte Begegnungen. Ich lese den handgeschriebenen Brief einer Freundin, ihre wertschätzenden Worte. Leider haben wir seit fünf Jahren keinen Kontakt mehr. Ich spüre den Schmerz, vermisse den Austausch.

Tiefe Dankbarkeit

Ein Freund bemerkt: „Vielen Dank für deine Freundschaft – du bist ein echtes Geschenk in meinem Leben.“ Auch wenn die Zeilen vor acht Jahren geschrieben wurden, ist unsere Beziehung immer noch vital und lebendig. Vor wenigen Tagen haben wir uns zum Mittagessen getroffen und unsere Freundschaft gefeiert.

Für mich ist dieser Flashback heute eine willkommene Gelegenheit um über meine Beziehungen nachzudenken. Sie aktiv zu pflegen und meine Wertschätzung auszudrücken.

Ich mache mir immer wieder bewusst: Freundschaft ist nicht selbstverständlich. Deshalb schreibe ich seit Januar wieder handschriftlich Geburtstagskarten, die ich ganz klassisch im Briefumschlag versende.

In einer Zeit, in der viele Menschen über soziale Netzwerke gratulieren, scheint mir die traditionelle Form besonders wertschätzend zu sein. Da hat sich jemand noch die Mühe gemacht, eine Karte auszuwählen, einen Text zu formulieren und auf die Post zu gehen.

Das klingt banal: Aber seit ich gemerkt habe, dass so gut wie keiner der Freunde heute mehr eine Geburtstagskarte schreibt, scheint mir dies ein passendes Stilmittel zu sein, um meine tiefe Dankbarkeit für unsere Beziehung auszudrücken.

Bis zum Wiederlesen am 16. Oktober

Bitte wundern Sie sich nicht, dass mein nächster Blogbeitrag erst Mitte Oktober erscheint. Ab nächster Woche recherchiere und schreibe ich an meinen neuen Roman: „Aufbruch in mein neues Leben“.

Es wird eine historische Auswanderer-Geschichte nach Amerika. Ein Thema, das mich schon seit vielen Jahren fasziniert. Auch meine Vorfahren hatten sich überlegt, aus dem Schwarzwald auszuwandern.

Mehr zum neuen Projekt stelle ich Ihnen in vier Wochen vor und wünsche Ihnen bis dahin einen schönen Spätsommer.