„Weißt du, wie du Gott zum Lachen bringen kannst? Mach einen Plan!“ Dieses Sprichwort beschreibt sehr gut meine Gefühlslage. Sieben Jahre hatte ich gut geplant. Trotzdem wird mein berufliches Leben gerade voll ausgebremst.
Generalsanierung der Firmenräume
Es fing ganz harmlos an: Im Januar eine Pfütze am Heizkörper im Seminarhaus. Der Installateur wiegt kurz seinen Kopf: „Da muss ein Neuer ran!“ Einige Wochen später eine Pfütze auf dem Küchenboden. „Vermutlich die Spülmaschine.“
Doch die Serie der Wassserinseln im Seminarhaus der Gutshof Akademie reißt nicht ab. Im Mai meldet unsere Mitarbeiterin: „Ein Gutachter war da. Das sieht nicht gut aus.“ Kurz nach den Sommerferien dann die Hiobsbotschaft: „Generalsanierung. Küche, Toiletten, Wände – alles muss raus.“ Falls die Handwerker mitspielen – kann man vielleicht ab Sommer 2025 das Haus wieder nutzen.
Seit Wochen drehe ich Nullrunden: Statt inhaltlich zu arbeiten, bin ich nur mit Schadensbegrenzung beschäftigt. Teilnehmer informieren, Tagungskunden anrufen, Ausweichräume suchen. Unproduktive Arbeit, die nichts bringt und nur Lebenszeit kostet.
Im Nirwana der Versicherung
Ich liebe britischen Humor: Aber in dieser kritischen Situation ist die Stimmung im gesamten Mitarbeiter-Team im Keller. Da hilft auch kein Joke. Zunehmend kommen konkrete Existenzsorgen hoch.
Die Gebäude-Versicherung übernimmt Boden und Wand. Doch unsere Betriebsversicherung taucht über Monate ab. Den Regenschirm, den sie uns über Jahre teuer verkauft haben, ziehen sie bei diesem Gewitter gleich wieder ein.
Auch die Versicherungs-Agentur kommt nicht weiter. Ihre Mails werden nicht beantwortet. Anrufe landen im Nirwana des Callcenters. Uns bleibt nur ein Fachanwalt für Versicherungsrecht, der unseren Fall übernimmt und Gott sei Dank Bewegung in die Sache bringt.
Der Mensch denkt und Gott lenkt
Zurück zum eingangs erwähnten Sprichwort. Es meint dasselbe wie: „Der Mensch denkt und Gott lenkt“. Als engagierter Christ erlebe ich, wie mein Glaube trägt. Gleichzeitig verstehe ich nicht, warum nach den Vollbremsungen der Corona-Zeit und den Lockdowns unsere Arbeit erneut so blockiert wird.
Gemeinsam mit meiner Frau überlege ich täglich, wie wir dieses Jahr überbrücken können. Wie sollen wir unsere Mitarbeiter beschäftigen, wenn kein Betrieb möglich ist? Doch die Bundesagentur für Arbeit lehnt ab. „Kurzarbeitergeld gibt es nicht. Ihnen bleibt nur, die Mitarbeiter zu entlassen.“
Mein Verstand versucht im Chaos einen Sinn zu finden, aber das gelingt mir nicht. Ich denke an das 30. Jubiläum unserer Akademie, das wir im Sommer groß feiern wollten. Doch angesichts der Hiobsbotschaft war niemand zum Feiern zumute. Es wurde abgesagt.
Wie nutze ich den Stillstand?
„Warum gehen wir nicht auf Weltreise?“ fragte ich meine Frau mit einem schelmischen Blick. „Wir kommen wieder zurück, wenn alles saniert ist?“ Doch unser Fernweh-Faktor liegt bei Null – da sind wir uns beide einig.
Trübsal blasen und dunkle Gedanken helfen auch nicht weiter. Wenn die Sonne raus kommt, sitze ich im Rosengarten des Gutshofes und versuche die Schönheit zu genießen – bevor das große Gewitter kommt. Aus der Ferne läuten Kirchenglocken den Abend ein.
Ich träume seit Wochen wieder vermehrt. In einem Traum sind wir beide auf einem Schiff auf dem Ozean unterwegs. Das Schiff brennt komplett aus und geht unter. Doch wir erreichen unbeschadet sicheres Land.
Nicht das Ende, sondern der Anfang
Im Chor proben wir den Titelsong von einem James Bond-Film, den im Original Adele gesungen hat: „This is the end.“ Der Song beschreibt meine Gefühlslage. Bis eine Freundin anruft und mich ermutigt: „Das nicht das Ende, sondern der Anfang….“
Aber der Anfang von was?
Mein Kopfkino produziert täglich neue Bilder: Ein Pilot, der mit seinem großen Jet mitten in einen Orkan hineinfliegt. Wie kann ich als Führungskraft den Sturm umfliegen? Wo ist der Ausweg?
Gott sei Dank gibt es Freunde, Ratgeber mit sehr viel Empathie. Gemeinsam spielen wir alle möglichen Szenarien durch. Unser Freund Johannes empfiehlt aus der Not eine Tugend zu machen: „Sucht euch die schönsten Orte der Region und macht dort eure Veranstaltungen. Wie wäre es mit dem Slogan: Gutshof on Tour?“
Eine neue Heimat gesucht
Die Idee gefällt mir sehr gut. Mit unserer Büroleiterin toure ich im Umkreis, um schöne Hotels zu suchen. Ich bin mir sicher, dass sich auch unsere Seminarteilnehmer dort 2025 wohl fühlen werden.
Doch die Kernfrage bleibt: Gibt es einen Benefit in der Krise? Eine Chance, die wir bislang noch nicht sehen? Gleichzeitig sind wir uns sicher: Wir wollen in Nordhessen bleiben. Hier ist unsere Heimat, hier spüren wir unsere Berufung.
Ein jugendlicher Freund hat uns kürzlich ermutigt: “Ihr seid seit 30 Jahren Innovatoren. Also besinnt euch neu auf eure Vision. Was ist der Kern eurer Berufung?” Ilona und ich lächeln uns an: Recht hat er! Also zurück auf Los. Nutzen wir die Krise für einen Neubeginn.
Herzliche Grüße
Rainer Wälde
PS: Wussten Sie schon: Das lateinische Wort “Humor” heißt eigentlich “Feuchtigkeit”. Jetzt habe ich genügend Zeit, um über den doppelten Wortsinn nachzudenken.
Lieber Rainer Wälde,
ich fühle und leide mit Ihnen – hatte die vergangenen Jahre auch schlechte Erfahrungen gemacht. Zwar nicht mit Wasser, dass ist mir zum Glück erspart geblieben (ich weiß, was Wasser anrichten kann, habe über fünfeinhalb Monate für Axel Springer, BILD, BamS und BILDTV aus dem Ahrtal berichtet). Aber ich hatte die vergangenen Jahre viel Ärger mit und wegen eines Handwerkers.
Der selbsternannte Profi mit zehn Jahren Berufserfahrungen sollte meinen Garten gestalten. Erst nur einen neuen Sichtschutz aufstellen und einen Hochsitz anlegen, später noch die Terrasse erweitern. Dann hat er mich so sehr belabert, dass ich die nächste Stufe der Gartenneugestaltung vorgezogen habe, ihm also den kompletten Auftrag für den Gartenumbau erteilt habe. Kurz zusammengefasst: Der Sichtschutz war schief aufgestellt und lebensgefährlich auf Zentimeterhohen Unterlegscheiben aufgebaut. Der Hochsitz war nicht befestigt und rutschte nach einigen Wochen weg. Der ganze Garten mit dem Bagger verwüstet, einen 50 cm hohen Abhang zum Nachbarn gebaggert (wenn da Wasser gekommen wäre, wäre alles abgegangen), mein Wohnzimmerfenster beschädigt (3.500 € Schaden), meine Gartenlaube mit dem Bagger beschädigt (1.000 €), beim Nachbarn die Hecke beschädigt, beim anderen die Blumen. Mal gekommen, Wochenlang nicht erschienen, in mein Garten und in alle Ecken war sein Werkzeug verstreut. Aber er war so ein “erfolgreicher” und “begehrter” Gartenbauer, dass er sich eine Luxuswohnung am Kasseler Weinberg bewohnen konnte.
Ende vom Lied: Ich habe die Reißleine gezogen, er hatte zugesagt, er steht für die Schäden ein, beseitigt noch die Mängel. Fehlanzeige – ist gegangen und hat Insolvenz angemeldet. Vor dem Insolvenzgericht hat er behauptet, er hätte mit mir keine Verträge und Aufträge. Mein Rechtsanwalt hat versäumt, dagegen vorzugehen. Ich bin auf dem Schaden sitzengeblieben. Seine Versicherung hat nicht wie zugesichert bezahlt.
Nach intensiven Recherchen kam einiges zu Tage über diesen Handwerker: Zwei abgebrochene Lehren zum Tierpfleger, dann Aushilfsarbeiter bei der Abfallentsorgung im Landkreis Kassel, anschliessend Aushilfsarbeiter und Fahrer für ein Bauunternehmen. Keine Ausbildung. Nach seinen Aussagen hat er tatkräftig bei der Sanierung des Kasseler Herkules mitgewirkt und bei Wintershall bei der Sanierung. Das stimmte auch, aber als Aushilfskraft und Handlanger. So kommt er auf seine zehn Jahre Berufserfahrung – ohne Ausbildung und fachlicher Erfahrung. Dafür durfte er an seinen Arbeitsstellen gehen, weil er ständig Krank war und viele Fehlzeiten hatten. Und dann haben wir noch vieles weitere über ihn erfahren. Zum Bespiel sein Bagger war gemietet mit der Option auf Kauf. Der Händler hat die Hände über den Kopf zusammen geschlagen, als er diesen aus der Insolvenz zurück bekam: Der Bagger war kein Jahr alt, hatte aber einen Schaden von mehr als 3.500 € in Folge falscher Bedienung, Scheiben waren eingeschlagen.
Wegen fehlender Masse wurde das Insolvenzverfahren eingestellt. Das erste was er gemacht hat, war sich einen neuwertigen Jeep für knapp 40.000 € zu kaufen. Der Händler hat bei den (journalistischen) Recherchen bestätigt, dass er alles anstandslos bezahlt hat. Also gab es doch Masse, über die er verfügt hat. Heute arbeitet er bei einer Brauerei in Baunatal im Vertrieb – hoffen wir, dass der Inhaber diese Personalien am Ende nicht bereut.
Ich bin jetzt auf einen Schaden von fast 12.500 € sitzen geblieben. Das alles hat sich jetzt von Sommer 2020/21 bis jetzt gezogen. Im vergangenen Herbst habe ich jetzt selber die letzten Arbeiten abgeschlossen. Jetzt ist der Garten wieder ein Traum, ein Wohlfühlort, nach jahrelangen Chaos und Baustellenkatastrophe. Während der Chaos Zeit Dorfgespräch ist der Garten jetzt wieder Dorfgespräch – diesmal wie toll er geworden ist. (Das hätte der GaLaBau-Handwerker nicht hinbekommen).
Ich könnte jetzt einen Roman über das ganze schreiben. Vielleicht sollte mal zu Ihnen kommen und arbeite daran.
Lieber Karsten Socher,
danke dass Sie Ihre Geschichte mit mir teilen. Ich freue mich, dass Sie trotz des Schadens Ihren Humor behalten haben und sich heute über das Glück Ihres Gartens wieder freuen können. Genießen Sie Ihren Wohlfühlort.
Falls die Lust zum Romanschreiben anhält, stehe ich gerne als Sparringpartner zur Verfügung.