Die Tour de France geht in die zweite Woche und ein cleverer Mittelständler ist mittendrin: Willi Bruckbauer, der “Küchen-Revoluzzer” von Bora aus Raubling bei Rosenheim. Mit einer cleveren Marken-Strategie wird er vom lokalen Helden zum globalen Player.

Bora
Willi Bruckbauer (c) bora.de

Ausstieg aus der Schreinerdynastie

Bruckbauer stammt aus einer Schreinerdynastie und heißt Willi wie alle Stammhalter vor ihm. Sein Leben scheint vorbestimmt: In achter Generation soll er den väterlichen Betrieb übernehmen. Doch Willi steigt aus und baut ein Küchenstudio für anspruchsvolle Kunden.

Willi Bruckbauer ist Ästhet und ärgert sich über die Blechhauben, die jede Küche optisch verschandeln. Es muss doch noch eine andere Möglichkeit geben, die Dämpfe am Herd loszuwerden?

Mit dem Staubsauger tüfteln

Der umtriebige Unternehmer tüftelt nach einer Alternative und beginn mit einem Staubsauer und einer Pfanne voller Wasser. Nach Feierabend starten seine Versuchsreihen: Physik im Selbstunterricht.

Neun Monate dauern die Tests, dann hat er seinen ersten Prototypen fertig, den er 2007 zum Patent anmeldet. Bruckbauers Erfindung saugt jetzt den Dampf und auch Fettspritzer direkt neben der Pfanne am Herd weg.

Bora: Ein Fallwind gibt den Namen

An der Ostküste der Adria gibt es starke Fallwinde, die Einheimischen nennen sie “Bora”. Mit diesem Namen geht Willy Bruckbauer auf den Markt und lässt seine ersten 300 Geräte bauen.

Doch seine Kollegen aus den Küchenstudios in ganz Deutschland lachen ihn aus: Statt den Wert seiner innovative Erfindung zu erkennen, machen sie sich lustig über sein Produkt.

Vom Saulus zum Küchen-Paulus

Willy Bruckbauer lässt sich nicht unterkriegen. Statt einem ungläubigen Saulus muss er nun die ganze Jüngerschaft bekehren: Er ahnt nicht, welcher lange Weg noch vor ihm liegt.

Unbeirrt lädt er seit 12 Jahren die Küchenhändler zu Schulungen ein, lässt einen Truck zum gläsernen Küchenstudio umbauen. Es braucht sehr viel Geduld, bis er beim praktischen Kochen am Herd einen Küchenhändler nach dem anderen von seiner Innovation überzeugt.

4.000 Werbespots im Fernsehen

Küchen sind ein Statussymbol in Deutschland: 2018 geben die Bürger sieben Milliarden für eine neue Küche aus. Willi Bruckbauer merkt, dass er mit seinem Abluftsystem direkt an die Kunden muss.

Mit 4.000 Werbespots bewirbt er Bora im Fernsehen und löst so auch eine steigende Nachfrage im Küchenstudio aus: “Da gibt es jetzt ein neues System. Haben Sie das auch?”

Wie steigere ich die Sympathie?

Zurück zum Radsport, einer Leidenschaft, die Willi Bruckbauer bereits seit frühester Jugend liebt. Der mittelständische Unternehmer weiß, dass er für den Erfolg von “Bora” noch mehr Bekanntheit und vor allem Sympathie benötigt.

Sein Freund Ralph Denk, mit dem er selbst Rennen gefahren ist, betreibt ein professionelles Radsportteam. Als der Hauptsponsor aussteigt, nutzt Willi Bruckhauer seine Chance und übernimmt die Hälfte des Etats.

Gemeinsam mit einem Sanitärtechnik-Unternehmen betreibt er nun Sportsponsoring. Die 27 Profi-Fahrer treten unter dem Namen “Bora hansgrohe” in die Pedale.

Bora
Foto: bora.de

Bora Medienberichte stärken die Marke

Mit dabei auch der slowakische Weltmeister Peter Sagan. In der fünften Etappe gewinnt er vor wenigen Tagen das Grüne Trikot und trägt damit den Namen “Bora” bis in die ARD Tagesschau.

Der Aufstieg des “Küchen-Revolluzers” geht weiter: Die Wochenzeitschrift “Die Zeit” widmet Willi Bruckbauer in diesem Monat eine ganze Seite. Kostenlose PR, die seine Mission der geruchsfreien Küche weiter befeuert.

Mittlerweile ist er der Chef von 250 Mitarbeitern und exportiert “Bora” in 60 Länder. Pro Woche verkauft er 1.000 Systeme. Inzwischen haben 25 Prozent aller verkauften Kochfelder in Deutschland einen Dunstabzug nach unten.

Jetzt will er noch die anderen 75 Prozent erobern.