Anthony Hopkins gewann gerade den zweiten Oscar für seine Hauptrolle im Film “The Father”. Darin geht es um die eigene Biografie und um eine philosophische Frage: Was bleibt von unserem Leben? Was macht uns menschlich?

Biografie
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Was im Leben wirklich wichtig ist

Anthony Hopkins begleitet mich über viele Dekaden meines Lebens. Seit den sechziger Jahren ist er international ein gefragter Schauspieler, der in seinen Darstellungen immer auch etwas Geheimnisvolles bewahrt hat. Besonders berührt hat mich “Shadowlands”, in dem er den Oxforder Literaturprofessor C.S. Lewis darstellt.

Mittlerweile ist Hopkins 83 Jahre alt und lässt in einem Gespräch mit der “Zeit” sein Lebenserfahrung Revue passieren. Dabei haben mich zwei Fragen von ihm sehr nachdenklich gemacht: Was passiert, wenn “die Anker des Lebens weggleiten? Wie die Blätter eines Lebens vom Wind der Zeit weggeweht werden“?

Ich mag diesen poetischen Gedanken – zumal er für sehr gut zu diesem Sommer, dem zweiten der Pandemie passt. Es ist ein Sommer, der sich auf den ersten Blick vertraut anfühlt. Und doch ist alles anders. Erschöpfte Eltern, isolierte Kinder, frustrierte Künstler. Die Liste ließe sich seitenlang fortsetzen.

Welche Fundamente tragen?

Plötzlich spüren wir die Vergänglichkeit, dass unser „Leben von jemand anderem geschrieben“ wird, wie Hopkins es anlässlich seiner Oscar-Auszeichnung ausdrückte. Gerade in den letzten Tagen habe ich darüber nachgedacht: Was gibt unserem Leben wirklich Halt? Welche Fundamente tragen, wenn „die Anker des Lebens weggleiten“?

Meine Frau und ich sind beide sind dankbar für alle Freundschaften, die uns in dieser Krise Trost und Sicherheit geben. Gleichzeitig spüre ich, wie stark mein Leben in der Pandemie von äußeren Kräften – den Entscheidungen des Staates, der Politik beeinflusst wird.

Ich vermisse dieses Gefühl von Selbstbestimmung und Freiheit, das mich über Jahrzehnte auch als Selbständiger begleitet hat. “So lernt man Demut” – meint Anthony Hopkins angesichts der eigenen Lebenskrisen. Ich finde, dies ist für viele von uns gerade eine ziemlich harte Schule.

Habe ich Demut gelernt?

In der Wikipedia habe ich nachgeschlagen, was mit dem althochdeutschen Begriff gemeint ist: “Der Demütige erkennt und akzeptiert aus freien Stücken, dass es etwas für ihn Unerreichbares, Höheres gibt.” Im christlichen Glauben steht es für die “innere Einstellung eines Menschen zu Gott”.

Hat mich die Krise Demut gelehrt, frage ich mich? Die Abhängigkeit vom staatlichen Handeln sicherlich. Gleichzeitig bin ich mir bewusst, dass jeder Tag – auch heute – ein Geschenk des Schöpfers ist. Mein Leben ist in seiner Hand. Dieser Glaube gibt mir Sicherheit und Halt.

“Es ist das Wissen um unsere Sterblichkeit, das uns menschlich macht”, betont Hopkins. Ich würde noch ergänzen: Es ist der Blick auf die eigene Endlichkeit, der mich täglich auch in der Krise dankbar macht, für das was gerade möglich ist.

Die Angst vor der eigenen Bedeutungslosigkeit

Ich bin sehr gespannt auf den neuen Film von Anthony Hopkins: “The Father” soll am 26. August in die Kinos kommen. Darin spielt er einen isolierten Mann, “von der Welt isoliert im Gefühl der eigenen Wichtigkeit. Darunter liegt die Angst vor der eigenen Bedeutungslosigkeit.”

Dieser Gedanke spiegelt nach meiner Beobachtung die Angst vieler Menschen über 50. Meine Frau und ich begleiten seit einigen Jahren Menschen, die sich im “Goldzirkel” mit diesen Fragen auseinander setzen. Um ihnen helfen zu können, müssen wir selbst über die Bedeutung unseres Lebens nachdenken. Was ist die eigene Berufung? Wie leben wir sie? Dabei sind mir Persönlichkeiten wie Anthony Hopkins ein wichtiges Vorbild.