Personal Branding war in den Zeiten von Jacob und Wilhelm Grimm noch ein Fremdwort. Und doch haben die beiden schon zu Lebzeiten ihre eigene Personenmarke mit sehr viel Akribie aufgebaut. Zudem auch noch ihr eigenes Facebook gegründet.

GrimmWelt

Die Märchenbrüder als globale Personenmarke

Kürzlich habe ich wieder mal die GrimmWelt in Kassel besucht und bin dabei über zwei interessante Entdeckungen gestolpert. Gleich zum Start des Rundgangs präsentiert das Museum das frühe Beziehungsnetz der Märchenbrüder.

Rund 1.500 Menschen umfasste ihr Netzwerk. Die Bilder der Menschen – soweit vorhanden – sind in einer großen Freundesliste am Eingang dokumentiert. Ganz im Stil der Zeit als Schwarzweiß-Fotos, die mit Nägeln an der Wand aufgereiht wurden.

Diese frühe Form von Facebook zeigt, wie ausgezeichnet Jacob und Wilhelm bereits 1838 vernetzt waren. Gerade für ihr Lebenswerk “Deutsches Wörterbuch” brauchten sie diese Kontakte. Mit 320.000 Stichwörtern ist es bis heute das umfangreichste Wörterbuch im deutschen Sprachraum.

Eine echte Zettelwirtschaft als Energiezentrum

Damit die Grimms ihre Forschungen der Literatur dokumentieren konnten, betrieben Sie eine echte Zettelwirtschaft. Sie notierten ihre Quellen auf losen Blättern und tausenden von Zetteln. Dieses analoge Sammeln – finde ich auch heute 190 Jahre nach den beiden Grimms – immer noch faszinierend.

Auch für meine eigenen Buchideen und Artikel sammle ich das ganze Jahr über die Ideen auf Zetteln und in großen Notizbüchern. Gerade beim Sortieren finde ich diese haptische und visuelle Ordnung immer noch sehr inspirierend.

Die Ausstellungsmacher der GrimmWelt in Kassel formulieren es so: “Diese losen Zettel sind Energiezentren ihres Werkes.” Diese Erfahrung kann ich nur bestätigen und kenne auch andere Schriftsteller und Publizisten, die bis heute auf die analoge Technik bestehen.

Nordhessen – die Heimat der Grimm-Brüder

Als Leser meines Blogs wissen Sie, dass ich mich vor fünf Jahren in Nordhessen verliebt habe und hier nicht mehr weg will. Ich liebe die hügelige Landschaft, in der Jacob und Wilhelm Grimm auch die Geschichten für ihre Märchenbücher gesammelt haben.

Obwohl sie immer wieder betonten, es handle sich um “echt hessische Märchen”, unterschlugen sie zum Beispiel, dass ihre wichtigste Quelle keine einfache Bäuerin, sondern eine gebildete Schneiderin mit französischen Wurzeln war.

Doch dem Erfolg ihres bekannten Werkes tat dies keinen Abbruch: Ihre Kinder- und Hausmärchen, die 1812 bis 1858 erschienen, wurden zum Verkaufsschlager und machten die beiden Brüder weltweit berühmt.

Brüder Grimm
Wilhelm Grimm und Jacob Grimm, 1847 – Foto: Hermann Bios

Wenn der eigene Pfad gesperrt ist

Dass der eigene Lebensweg nicht geradlinig verläuft, haben die beiden Grimms mehrfach erfahren. “Nun ist schon zum drittelmal der Pfad, den ich mir bahnen konnte, verdorrt und gesperrt worden durch äußere Verhältnisse” schrieb Jacob 1838.

Er setzte hinzu “Nie, von früh bis jetzt, ist mir oder meinem Bruder von irgend einer Regierung Unterstützung oder Auszeichnung zu Theil geworden.” Offensichtlich hatten es selbst prominente Kulturschaffende schon vor 190 Jahren schwer, staatlich anerkannt zu werden.

Damit ihr Name und auch ihr Vermächtnis nach dem Tod erhalten bleibt, haben die Grimms professionelle Vorbereitungen getroffen. Bis ins Detail haben sie auch in die Zeit danach gedacht und zum Beispiel schon 1862 die Inschrift für ihren eigenen Grabstein vorgegeben.

“Ich will und verordne unverbrüchlich, dass auf Wilhelms und meinen Grabstein nichts anderes gesetzt werden darf als:

HIER LIEGT WILHELM GRIMM, HIER LIEGT JACOB GRIMM.”

Wichtig: Das Ganze bitte in Großbuchstaben! Natürlich kann man dies aus heutiger Sicht als Marotte abtun. Doch die Pflege ihrer Personenmarke schien ihnen dieses Aufwand wert.