Vermutlich liegt es bei uns in der Familie. Mein Vater war ein sehr guter Erzähler, der bei Familienfeiern den ganzen Tisch unterhalten konnte. Er wusste, wie man eine spannende Geschichte erzählt und Menschen zum Lachen bringt. 

Ich bin eine Kamera mit offenem Verschluss

Mein heutiger Blogbeitrag kommt aus Fuerteventura. Hier habe ich mich zur Klausur zurück gezogen, um eine neue Romanreihe zu entwickeln. Mit Blick auf das Meer entwerfe ich seit 12 Tagen neue Figuren und spannende Roman-Geschichten.

Bereits beim morgendlichen Spaziergang am Meer produziert mein Gehirn neue Ideen. Bei jedem Lauf produziert meine Phantasie eine Fülle von kuriosen Einfällen. Manchmal muss ich mich beeilen, um schnell ins Zimmer zu kommen, um die Gedanken sofort zu notieren.

Vor 85 Jahren hat Christoph Isherwood den Roman „Leb wohl Berlin“ geschrieben. Darin findet sich ein wunderschönes Zitat: „Ich bin eine Kamera mit offenem Verschluss, nehme nur auf, registriere nur, denke nichts.“

Ich finde dies ein passendes Bild, das für mich sehr gut illustriert, was einen Schriftsteller auszeichnet. Wie mein Vater schöpfe ich als Autor aus der Beobachtung. Wenn ich im Restaurant sitze, nehme ich sehr aufmerksam Menschen, ihre Körperhaltung, Gesten, Dialoge wahr. Sie sind das Rohmaterial meiner Geschichten.

Vom Vorbild lernen

Vor einigen Jahren habe ich das Filmportrait eines erfolgreichen Drehbuchautors aufgenommen. Er schreibt seit Jahren für das ZDF. Sein Lieblingsplatz ist ein kleines Café in einer hessischen Kreisstadt. Dort sitzt er regelmäßig und beobachtet wie eine Kamera die Geschäftsleute, Lieferanten, Touristen.

Als persönliche Fortbildung studiere ich in meiner Auszeit auch diverse Romane von Kolleginnen und Kollegen. Besonders Elisabeth George inspiriert mich sehr. Diese unterschiedlichen Vorbilder, inspirieren mich, den eigenen Erzählstil permanent weiter zu entwickeln.

In diesem Jahr beschäftigt mich der holländische Autor Arnon Grünberg und seine Erzählung „Gstaad“. Es ist ein rabenschwarzer Roman über einen Hochstapler der u.a. auch in Heidelberg und Baden-Baden spielt.

Was ist eine gute Geschichte?

Über diese Frage hat James Wood ein unterhaltsame Anleitung geschrieben: „Die Kunst des Erzählens“. Er ist Professor in Harvard und war viele Jahre Literaturkritiker beim Londoner „Guardian“.

Wood analysiert die modernen Klassiker und ihre Autoren. Dabei geht er mit ihren Werken mitunter sehr respektlos um. Aber gerade diese freche Analyse finde ich erfrischend.

Zurück zur Frage nach der guten Geschichte: „Sieh dir an, wie Tintoretto Hände zeichnete und welche Sorgfalt er auf den Schattenwurf verwendet“ schrieb John Ruskin bereits 1857:  „Seine Autorität rührt nicht von seinen zeichnerischen Fähigkeiten her, sondern von seinem guten Auge.“

Auch Wood betont, dass es beim Erzählen auf das genaue Hinschauen ankommt und das „Talent, dies Gesehene in verständlichen Sätzen wiederzugeben.“

Leser und der Sinn für feine Nuancen

Als Autor freue ich mich natürlich auch, wenn Leser diese feinen Nuancen wahr nehmen und mich darauf ansprechen. Vor meiner Abreise war ich sechs Wochen zu Lesungen unterwegs. Dabei hatte ich Kontakt mit hunderten von Lesern. Einige junge Leute waren sogar bei mehren Lesungen und freuten sich, dass ich an jedem Abend andere Abschnitte auswähle.

Ein Ehepaar, das erst beim 2. Roman einstieg und seitdem alle Bücher liest, konnte sich an viele noch so kleine Details meiner Romane erinnern. Ich war überrascht, mit welcher Aufmerksamkeit, sie diese Nuancen nicht nur wahrnehmen, sondern auch wiederholen konnten.

Für mich ist das Feedback der Leser immer auch eine Sternstunde. Ich freue mich, dass diese Feinheiten nicht nur die Geschichten tiefer und dreidimensionaler machen, sondern auch beim Leser für zusätzliches Vergnügen sorgen.

Suchen Sie noch ein Nikolaus-Geschenk?

An dieser Stelle bedanke ich mich bei Ihnen als Blogleser für Ihre Treue in diesem Jahr. Es hat mir sehr viel Spaß gemacht, jeden Donnerstag für Sie zu schreiben.

Falls Sie meine Arbeit als Autor unterstützen möchten, freue ich mich, wenn Sie zu Nikolaus oder Weihnachten meine Romane verschenken. Vielleicht an Freunde, Ihre Familie oder sich selbst. Gerne sende ich Ihnen die Bücher mit einer persönlichen Widmung zu.

Eine kurze Mail genügt: kontakt@gutshof-akademie.de