Ana Prvacki

Ana Prvacki documenta 13 (Fotos: Tobias Franzel)

Was Ana Prvacki auf der diesjährigen documenta 13 installiert hat, ist unsichtbar. Ihre Idee: Ein Gesamtkunstwerk zu schaffen, das täglich wirkt, aber schlichtweg nicht auffällt. Ihr Thema ist soziale Kompetenz, international unter dem altmodischen Wort „Etikette“ bekannt. Ihr Kunstwerk trägt den Titel „Das Begrüßungs-Komitee“. Bereits Monate vor dem Event kam sie auf den Deutschen Knigge Rat zu und bat um Unterstützung.  Anas Idee: Alle Mitarbeiter der documenta 13 sollten bereits im Vorfeld persönlich geschult werden. Von 750 Menschen war die Rede – ein gigantisches Projekt.

750 Mitarbeiter für das “unsichtbare Kunstwerk” schulen

Podiumsdiskussion documenta 13

Podiumsdiskussion documenta 13: Ana Prvacki & Deutscher Knigge-Rat

Nun geht es im Deutschen Knigge-Rat nicht primär um äußere Regeln, sondern um eine gelebte Herzenshaltung, die sich im Alltag durch Umgangsformen ausdrückt. Doch schon das erste Gespräch mit Ana Prvacki zeigte: Wir sind auf einer Wellenlänge. Monatelang wurde geplant und diskutiert, um die erwarte Anzahl von Schulungen überhaupt zu realisieren. Zwei Mitglieder des Knigge-Rates, die in Kassel leben, hatten die Federführung und planten akribisch die Aktion: 750 Mitarbeiter bereits im Vorfeld zu schulen, war eine logistische und emotionale Herausforderungen. Im Trainerdeutsch nenne ich das „Schlossführung“: Morgens eine Führung, nachmittags eine Führung und das fünf Tage die Woche: Neue Gruppe, gleicher Trainingsinhalt. Sechs Kollegen waren in einem genauen Zeitraster parallel im Einsatz.

Dilettantisch Kommunikation der documenta 13

Das Begrüßungs-Komitee: documenta 13

Das Begrüßungs-Komitee: documenta 13

So genial Ana Prvackis Idee war, so dilettantisch war die interne Kommunikation der documenta 13. Viele Mitarbeiter wurden zu spät informiert, zum Teil auch falsch. Statt die Teilnahme verbindlich zu machen, überwog die Möglichkeitsform. Mit dem Ergebnis: In der ersten Schulungswoche erschienen rund 280 Guides. Frust auf allen Seiten: Die Trainer, die parallel in unterschiedlichen Räumen warteten, saßen jeweils vor drei, vier Personen.  Alle waren ehrenamtlich gekommen und hatten in diesen Tagen auch auf die Möglichkeit, kommerzielle Aufträge zu übernehmen, verzichtet. Wie sagt der Volksmund: „Was nichts kostet, ist auch nichts wert.“ Offensichtlich hatte die documenta- Leitung das kostenfreie Schulungspaket auch entsprechend unwichtig eingestuft und nachlässig kommuniziert.

Getrübte Stimmung wegen mangelhafter Organisation

Kein Wunder, dass sich die Enttäuschung auch auf Ana Prvackis Stimmung niederschlug. Tapfer trat sie mehrfach täglich vor den Mini-Runden auf und präsentierte engagiert ihr Kunstprojekt. Doch fünf Tage vor halbwegs leeren Stuhlreihen dämpfte auch ihren Enthusiasmus.

Knigge Projekt: documenta 13

Knigge Projekt: documenta 13

Mittlerweile ist die documenta 13 Geschichte. Ana Prvackis lebt wieder in Los Angeles und ich habe sie angeschrieben, um für diesen Bericht, ihr persönliches Feedback einzuholen. Hier ihre Antwort: „Um ehrlich zu sein, (das Kunstprojekt) war auf viele Arten schwierig und auch entmutigend. Vor allem die Organisation war nicht annähernd das, was ich erhofft hatte – von daher denke ich, dass es für alle Beteiligten frustrierend war. Das hat dem Ganzen die Luft genommen.“

Das persönliche Fazit von Ana Prvacki

Was bleibt? Sicherlich die innovativen Kurzfilme, die speziell für das Kunstwerk von Ana Prvacki und ihrem Team gedreht wurden. Während der documenta liefen sie auf den Monitoren der Kassenhäuschen und werden auch weiterhin auf ihrer Webseite zu sehen sein (http://anaprvacki.com). Wir als Knigge-Rat haben gelernt, dass trotz langer Vorbereitung, ein Projekt mit hohem persönlichen Einsatz an organisatorisch überforderten Partnern scheitern kann.

Das Schlusswort lasse ich Anna: „Trotz allem glaube ich, dass die „Nebenwirkungen“ unserer Arbeit bestehen bleiben und sich vielleicht noch weitentwickeln. War es sehr geschickt und ausgetüftelt? Nein. Viele Leute sagen, das diese documenta anders war, freundlicher und verbindlicher. Vielleicht können wir diese Anerkennung auf unser Konto nehmen?!“