Glücklich sitze ich in der Herbstsonne und signiere in der Fußgängerzone meinen neuen Roman “Frühlingsgrollen”. Gleich am ersten Tag wurden die ersten 800 Bücher ausgeliefert. In diesem Beitrag nehme ich Sie mit in meine Schreibwerkstatt und biete Ihnen ein Blick hinter die Kulissen.

Signierstunde vor dem Buchland in Bad Wildungen

Ein sehr biografischer Roman

Im Januar habe ich mit der Recherche für meinen dritten Roman begonnen. Ich wollte eine Schmuggler-Geschichte schreiben: Über wertvolle Antiquitäten, die europaweit verschoben werden. Bei der Suche nach einer Location bin ich plötzlich auf ein ganz anderes Thema gestoßen, was ich noch viel spannender fand – weil es mit meiner eigenen Biografie zu tun hat.

Ganz in der Nähe, in Bad Wildungen, gibt es eine Kinderkurklinik, die bis 1977 genutzt wurde. Ich lernte Jens Heise, einen gleichaltrigen Mann kennen, der dort zur Kinderkur war. Wir tauschten unsere persönlichen Erlebnisse aus, da wurde mir bewusst, dass es Millionen von Kindern gibt, die von ihren Eltern verschickt wurden.

Heise hat die Arbeitsgemeinschaft Verschickungskind.de gestartet. In diesem Netzwerk tauschen ehemalige Kurkinder ihre Erfahrungen aus und helfen sich gegenseitig. Das Gespräch mit anderen Betroffenen war für mich auch der Auslöser, das Schicksal der Verschickungskinder in den Mittelpunkt meines neuen Buches zu stellen. In der Romanform konnte ich meine eigenen Erlebnisse und die von anderen Kindern so schildern, dass die Zeit der Kinderkuren wieder greifbar und lebendig wird.

Das Schicksal von 8 Millionen Verschickungskindern

In den 60-Jahren wurden allein in Westdeutschland jährlich 350.000 Kinder verschickt. Es gab in der ganzen Republik 850 Heime, die von Kirchen, Verbänden, Krankenkassen, Eisenbahn und Post geführt wurden. Das Ganze war ein Milliardengeschäft. Oft wurden die Heime, die schon in der Nazizeit genutzt wurden, mit demselben Personal auch nach dem Krieg weiterbetrieben.

Ich erinnere mich an die großen Schlafsäle, die Pflicht zum Mittagsschlaf, auch wenn ich nicht müde war. Andere Verschickungskinder erzählen von Isolierung und Gewalt, wenn sie ins Bett genässt hatten. Heute weiß man, dass es auch Medikamentenversuche an den Kindern gab. Selbst das Schlafmittel Contergan wurde getestet.

Angefangen hat die Kinderkur bereits im 19. Jahrhundert. Damals war es ein Dienst der Barmherzigkeit, der vor allem von den Kirchen vorangetrieben wurde. Kindern, die als schwächlich galten oder an Mangelernährung litten, wurde eine Kur ermöglicht. Für viele Menschen war dies oft die einzige Reise, die sie erlebten. Vor allem für die kranken Kinder aus sozial schwachen Arbeiterfamilien war es eine wichtige Fürsorge, um mangelnde Ernährung und Hygiene auszugleichen.

Wie kombiniert man Drama mit Humor?

Die Leser meiner beiden ersten Romane wissen, dass ich das “Kriminalisieren” sehr gerne mit britischem Humor verknüpfe. Bei “Frühlingsgrollen” war dies ein echter Spagat. Wieviel Drama erträgt der Leser, wieviel Satire darf sein – ohne dass es kitschig wird?

Ich bin sehr glücklich, dass ich in den ersten beiden Bänden zwei spannungsreiche Figuren aufgebaut hatte: Zum einen Ariane Sommer, die Chefin des 28jährigen Kommissars Timo von Sternberg. Auf der anderen Seite den nervigen Journalisten Jörg Möbius, der Timo das Leben schwer macht.

Im dritten Band habe ich nun die Chance genutzt, die beiden Kontrahenten Sommer und Möbius in einen politischen Wettbewerb zu schicken. Die beiden ziehen in den Wahlkampf um das Amt des Bürgermeisters. In ihrer Schlacht um das politische Mandat gibt es sehr viel zu lachen.

Das Urteil der Testleser zu Frühlingsgrollen

Nun ist es mit dem Drama und Humor so eine Sache. Jeder von uns hat seine ganz eigene Art, Spannung zu empfinden oder zu lachen. Aus diesem Grund bitte ich jedes Jahr etliche Testleser um ein kritisches Feedback, ob Dramaturgie und Humor ankommen.

Ganz neu hatte ich zwei Krimi-Fans aus Erfurt im Team der Testleser. Die beiden waren mir aufgefallen, weil sie sich nach der Lektüre der ersten beiden Bücher noch an unglaublich viele Details erinnern konnten. Dieses Ehepaar gab mir auch zum dritten Band ein sehr differenziertes Feedback – dann aber auch ein großes Kompliment: Mit dem neue Buch sei mir eine echte Politik-Satire gelungen.

Ganz überrascht hat mich ein weiteres Feedback: Eine Testleserin meinte, dass sie eine Stelle so schockiert habe, dass sie drei Tage nicht mehr das Buch in die Hand nehmen konnte. Wow dachte ich, das Drama funktioniert auch. Ich habe dann den Überraschungsmoment um wenige Prozent entschärft, so dass diese Passage auch bei zart besaiteten Krimilesern funktioniert.

Wenn Leser zu Fans werden

Ich bin überrascht wie schnell eine Krimireihe auch einen Sog entwickeln kann. In den regionalen Buchhandlungen tauchen immer wieder ungeduldige Leser auf, die nachfragen, wann endlich “der neue Wälde-Krimi” erscheint.

Bei Facebook gibt es zahlreiche Kommentar auch von den Lesern, die bereits den neuen Band gelesen haben. “Tolles Buch, immer weiter schreiben”, wünscht sich Gaby und bringt mich etwas in Verlegenheit. Eigentlich wollte ich nur vier Bände meiner Jahreszeiten-Krimis veröffentlichen.

Mal sehen, ob ich danach aufhören kann?

Doch erst einmal wünsche ich Ihnen viel Spaß mit “Frühlingsgrollen” und freue mich auf Ihre Kommentare.