Gastgeber Knigge, Foto: shutterstock

Gastgeber Knigge – Foto: shutterstock

Ein kurzes Klingeln an der Haustür. Der Gastgeber öffnet und begrüßt die Gäste mit einem bestimmten “Bitte ziehen Sie die Schuhe aus!” Verdutzt schaut die Unternehmerin ihren Mann an: Er trägt einen dunklen Businessanzug, sie ein festliches Cocktailkleid. Meint der Gastgeber das wirklich ernst?

Beide zögern und überlegen innerlich: Brav die Schuhe ausziehen oder einfach anlassen? Schwierige Situation: Der Gastgeber ist ihr Kunde. Doch eine innere Stimme sagt klar und bestimmt: Eigentlich wäre es besser, jetzt wieder nach Hause zu fahren…

Sie merken schon: Es wird Zeit, einen klaren Gastgeber Knigge zu formulieren. Gehen wir die Optionen kurz durch.

Option 1: Wortlos die Schuhe ausziehen.

Ohne eine Vorwarnung empfinde ich den Hinweis des Gastgebers als echte Zumutung. Wenn der Dresscode “barfuss” lautet, muss der Gastgeber ihn bereits bei der Einladung aussprechen. Dann kann ich als Gast mich darauf einstellen und entweder mit Hausschuhen erscheinen oder zuhause bleiben.

Option 2: Wieder nach Hause fahren.

Natürlich kann ich als Gast auch an der Haustüre umdrehen und mich freundlich aber bestimmt erklären: Darauf bin ich jetzt nicht eingestellt und ich möchte (im festlichen Anzug / Cocktailkleid) nicht vor den anderen Gästen barfuß erscheinen. Doch angesichts der Mühe für Ankleiden und Anreise ist dies keine gute Lösung.

Option 3: Die Schuhe anbehalten.

Nicht höflich, aber denkbar. Wenn der Gastgeber zu einem festlichen Empfang in sein Privathaus lädt, kann er nicht erwarten, dass sich seine Freunde und Geschäftspartner ohne Schuhe wirklich wohl fühlen. Mein Tipp: Sagen Sie ganz offen, dass Sie den Wunsch verstehen können, sich ohne Schuhe aber nicht wohl fühlen. Bitten Sie den Gastgeber um eine Lösung. Nun liegt es an ihm, ob er Ihnen das Tragen der Schuhe gestattet oder Gäste-Slipper anbietet.

Einmal-Slipper für die Gäste

Gute Freunde von mir nehmen deshalb bei Hotel-Besuchen die Einmal-Slipper mit, die nach dem Check-out der Gäste ohnehin weggeworfen werden. Diese Schuhe bieten sie ihren Besuchern an und bitten bereits bei der Einladung, selbst Hausschuhe mitzubringen.

Zurück zur Einstiegsgeschichte: Die Seminarteilnehmerin, die mir von ihren Barfuss-Erlebnissen berichtete, zog wunschgemäß die festlichen Schuhe aus. Im Laufe der Feier beobachtete sie, wie unwohl sich auch die anderen Gäste fühlten: Einige Herren trugen abgewetzte Socken, manche Damen genierten sich für die ungepflegten Fussnägel. Bei diesem festlichen Anlass hatten die meisten Besucher nicht mit dem Barfuss-Komando des Gastgebers gerechnet und werden ihre unangenehmen Gefühle sicherlich so schnell nicht mehr vergessen.