Mein erstes Sabbatical werde ich nicht vergessen: 2007 haben meine Frau Ilona und ich unsere gesamte Firma zugemacht, die Räume gekündigt, das Inventar in Umzugskisten gepackt. Kunden und Vermieter fanden die Idee eines Sabbaticals mehr als verrückt. Doch für uns beide war dies ein einmaliges Erlebnis – ein großer Erfahrungsschatz, von dem wir bis heute profitieren.

Sabbatical
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Innehalten, um neue Energie zu tanken

Die Idee des Sabbaticals stammt aus dem Judentum. Dort galt über Jahrhunderte die Regel, einen Acker sechs Jahre lang zu bewirtschaften, dann ihn für ein Sabbatjahr ruhen zu lassen. Die Erfahrung, die auch Landwirte heute noch bestätigen: Ein Acker, der ruhen kann, bringt nach dem Sabbatical wieder einen höheren Ertrag.

Nun haben wir in den letzten 15 Jahren immer wieder neue Ansätze des Sabbaticals ausprobiert. Als Selbständigen gefällt uns die Idee, sechs Jahre etwas aufzubauen und dann innezuhalten, um neue Kreativität und Energie zu gewinnen.

Unser erstes Sabbatical 2007 haben wir sechs Jahre lang geplant und ein Jahr lang vorbereitet. Aus wirtschaftlichen Gründen haben wir es auf 9 Monate begrenzt und schon damals sehr gute Erfahrungen mit unseren Mitarbeitern im Homeoffice gemacht: Wer in der Firma anrief, bekam immer die positive Antwort, dass die Akademie ab September wieder Seminare anbietet, die vorab schon gebucht werden konnten.

Zudem wurden die 9 Monate von vielen Kunden als kurz empfunden: “Ach, ihr seid schon wieder da. Das ging aber schnell.” Viele waren so in ihrem eigenen Alltag gefangen, dass sie unsere Abwesenheit gar nicht bemerkt haben.

Neue Fokussierung auf das Wesentliche

Gerade für Selbständige und mittelständische Unternehmer ist es wichtig, einen Perspektivwechsel vorzunehmen. Mein großer Traum 2007: Ich wollte einmal die Welt umrunden. Was ich nicht ahnte: Es dauert 40 Tage, um mit einem Schiff den Pazifik zu überqueren. 40 Tage von Chile bis nach Japan. In diesen 40 Tagen passiert sehr wenig auf dem stillen Ozean: Endloses Meer, ständiger Wechsel von Regen und Sonne, zwischendurch ein paar Atolle.

Ich kann mich bis heute bildhaft erinnern, wie sehr mich diese Eintönigkeit entschleunigt hat. Es gab wenig Ablenkung, kein Handy, kein Internet. Gleichzeitig wurde mit jeder Seemeile die Bedeutung meines beruflichen Alltags immer kleiner. Durch den Blick auf das Meer und den Abstand vom Alltag haben sich meine Akkus täglich regeneriert.

Aus der Distanz wurde mir bewusst, was mir wirklich wichtig ist im Leben. Ich wurde innerlich ganz still, im monotonen Auf und Ab der Wellen haben alle Sinne einen Reset erlebt. Wie nach einer Fastenzeit habe ich dabei eine neue Klarheit für mein Leben gefunden. Dieser reiche Erfahrungsschatz stärkt mich bis heute und ermutigt mich auch 2023 regelmäßig Auszeiten zu planen.

Eine Armut der Reize

In den letzten Jahren haben wir neue Formen des Sabbaticals ausprobiert – berufsbegleitend im laufenden Betrieb. Diese Form passt für die meisten Menschen viel besser zu ihrem Alltagsleben. Doch es braucht nach unsrer Erfahrung gute Anleitung und eine klare Struktur.

Um eine neue Form der Achtsamkeit zu lernen, ist eine Reduktion des Gewohnten notwendig. Von dem Psychoanalytiker Robin Daniels gibt es ein sehr passendes Bild: “Unser unruhiger Geist schwingt wie bei einem jungem Affen vom Ast der Ruhelosigkeit zum nächsten Ast der Ablenkung.”

Daniels empfiehlt eine Armut der Reize – eine bewusste Entscheidung, sehr wählerisch zu sein, wieviele Reize wir zulassen. Wie oft kombinieren wir parallel mehrere Tätigkeiten: Essen und Trinken, während wir laufen. Telefonieren beim Autofahren oder Musik hören, während wir durch den Wald gehen. Wir verpassen dadurch viele sinnliche Reize, die uns neue Energie schenken: Wolken, Duft, Blumen, Kinder die spielen.

Manchen fällt erst spät auf, dass sie über Jahre das Wesentliche verpasst haben. Wie ein Kunde von mir, der ernüchtert von seinen großen beruflichen Erfolgen als IT-Manager berichtete. Er hatte ein Großprojekt nach dem anderen realisiert, aber das Aufwachsen der eigenen Kinder verpasst. Jetzt hat er beruflich reduziert, leider zu spät. Die Kinder gehen eigene Wege – sind längst aus dem Haus.

Wir tun so, als gäbe es ein zweites Leben

Von dem englischen Kulturkritiker Matthew Arnold stammt eine kluge Frage: “Haben wir ein zweites Leben? Schenken Sie diesem eine höhere Bedeutung!” Damit bin ich bei einem zentralen Thema, das mich in meinem eigenen Sabbatical immer wieder beschäftigt: Lebe ich meine Berufung? Bin ich in meinem wahren Selbst?

Diese beiden Fragen sind für mich so radikal, dass ich mehrfach im Jahr eine Positionsbestimmung brauche. Auch jetzt am Jahresbeginn. In wenigen Wochen werde ich 62 Jahre alt und mir ist bewusst, dass ich beruflich vielleicht noch fünf bis acht aktive Jahre habe. Dieser klare Blick reduziert meine Fülle von Optionen auf wenige zentrale Punkte.

Im Blick auf die ablaufende Lebenszeit entwickle ich einen gesunden Realismus. Viele Themen werden unwichtiger, laue Beziehungen verlieren an Bedeutung. Gleichzeitig steigt die Leidenschaft für die Menschen und Projekte, die mir wirklich am Herzen liegen.

Planen Sie ein berufsbegleitendes Sabbatical

Zu diesen zentralen Themen gehört für meine Frau und mich, dass wir 2023 eine kleine Gruppe von Selbständigen und Führungskräften über 12 Monate intensiv begleiten. Ab 31. Januar unterstützen wir sie 1 zu 1 bei einem berufsbegleitenden Sabbatical.

Wenn Sie Interesse haben, stellen wir Ihnen am Dienstag, 10. Januar um 17 Uhr gerne das Konzept persönlich vor. Schreiben Sie mir eine kurze Nachricht, dann sende ich Ihnen den Zoom-Link per Mail zu..

Ich wünsche Ihnen ein gesegnetes neues Jahr und freue mich, Sie auch 2023 zu begleiten

Ihr Rainer Wälde