“Hipster Opa” nennen ihn junge Leute und finden ihn cool: Günther Krabbenhöft, Jahrgang 1945 tanzt stilbewusst auf U-Bahnhöfen und in Berliner Einkaufsstraßen. Mal allein, mal mit einer stylischen Dame. Bei Instagram folgen ihm 283.000 Menschen.

Instagram-Screenshot @g.krabbenhoft

Durch Zufall entdeckt

In einem Zeitungsinterview erzählt Günther Krabbenhöft wie er zum Influencer wurde. Ein Tourist fotografiert ihn in Berlin und lud es bei Facebook hoch. Darunter schrieb er; „Schaut her, dieser 104-Jährige ist stylisher als wir alle und tanzt in den angesagtesten Clubs Berlins.“ Schnell wurde das Foto viral und zahlreich geliked und kommentiert.

Günther Krabbenhöft berichtet in der taz: “Das Bild ging um die Welt. Zunächst habe ich von dem Hype gar nichts mitbekommen, bis mir das von Freunden zugetragen wurde. Ich hatte ja keinen Computer und kein Smartphone.”

Humorvoll korrigiert er sein Alter und schreibt: „Ey, ich bin erst frische 69 und erfreue mich bester Gesundheit.“ Doch die Aufmerksamkeit scheint ihm Spaß zu machen. In den folgenden Jahren postet er immer mehr Videos und erreicht damit Hunderttausende.

Eine deutsche Stilikone?

Mittlerweile braucht der 78jährige Günther Krabbenhöft ein Management, um seine Termine zu betreuen. In der Wikipedia ist ein Eintrag zu finden. Zudem hat ein findiger Verlag ihn gebeten, seine Biografie zu schreiben.

Ich überlege mir, warum viele Menschen seinen Stil so interessant finden. Krabbenhöft selbst mag den Begriff “Hipster” gar nicht. Er erscheint eher wie ein Dandy, der mit Hut und Stock eine längst vergessene Lebensart kultiviert: Gut geschnittene und extravagante Kleidung.

In einer Zeit in der graue Jogginghosen das öffentliche Straßenbild dominieren, scheint ein stilvoll gekleideter älterer Herr wie ein Relikt aus längst vergangener Zeit. Vor allem in einer Metropole wie Berlin.

Doch in Mailand, Rom oder Paris würde sich vermutlich niemand nach Günther Krabbenhöft umdrehen. Dort sind auf den großen Boulevards immer noch genügend ältere Menschen zu sehen, die auch über 60 noch sehr viel Wert auf stilvolle Kleidung setzen.

Günther Krabbenhöft als Retro-Phänomen

Vielleicht liegt genau darin das Geheimnis seines Erfolgs: Günther Krabbenhöft scheint wie eine Projektionsfläche einer tiefen Sehnsucht nach Lebensart und Kultiviertheit. Ein Mann, der nicht auf Bequemlichkeit und Outdoor-Kleidung setzt, sondern den unbequemen Weg wählt, sich schön anzuziehen.

Gleichzeitig begegnet er einem weit verbreiteten Irrtum, man müsse mit zunehmendem Alter möglichst Grau und Beige tragen. Ich freue mich über die Amerikanerin Iris Apfel und die deutsche Influencerin Greta Silver, die illustrieren, dass man über 70 noch verrückte Farben tragen kann.

Zum Schluss noch ein Appell, den Krabbenhöft erst kürzlich auf seinem Instagram-Kanal veröffentlicht hat: “Je älter ich werde, desto mehr traue ich mir Dinge, die ich mich in jüngeren Jahren nicht getraut hätte. Meine Offenheit und Neugierde sind heute größer als je zuvor, und ich rede mir nicht ein, für dieses oder jenes zu alt zu sein.”

Das Herz erfreuen und zum Tanzen bringen

Ich finde das sehr ermutigend, wie er und etliche andere Influencer über 70 couragiert vorangeht.

Zitat Krabbenhöft: “Mein positives Denken sind das Fundament und Baumeister der Seele und meines Äußeren geworden. Sie machen mich mit einem junggebliebenen Herzen weiter neugierig auf das Leben. Es ist jedenfalls von großem Vorteil all die Dinge zu tun, die das Herz erfreuen, und es zum Tanzen bringen. Es gibt noch so viel zu erleben im Alter – der Himmel kann warten !”