“Die Gutenberg-Revolution löst das Zeitalter der Vernunft ab”, betont Professor Klaus Henning und öffnet den Blick in ein neues Zeitalter, in der künstliche Intelligenz prägend sein wird. Nach seiner Ansicht werden “Bilder und Mythen künftig die weltweite Kommunikation dominieren”.

Künstliche Intelligenz
Foto: Shutterstock

Wenn alles mit allem verknüpft wird

Henning ist sich sicher, dass wir derzeit die größte Revolution seit Gutenberg erleben. 1440 hat er die Druckerpresse und die beweglichen Letter erfunden. Doch die technische Revolution unserer Tage stellt Gutenbergs Erfindergeist bei weitem in den Schatten.

Vor 220 Führungskräften entfaltet der Aachener Professor ein Kaleidoskop der technischen Möglichkeiten: “Durch die künstliche Intelligenz bekommen die Maschinen ein eigenes Bewusstsein”. Nach Ansicht von Klaus Henning haben wir 15 Jahre Zeit diese Ära aktiv mitzugestalten.

Das Zeitalter der hybriden Intelligenz

Der neue “Homo Zappienz” lernt nicht mehr linear, sondern hochparallel. Im Zeitalter der hybriden Intelligenz leben im “Schatten des Menschen” zunehmend Maschinen, die ihm bestimmte Aufgaben abnehmen.

Die Sprachassistenten wie Amazon Alexa geben einen Vorgeschmack dieser Ära. Bereits vor zwei Jahren habe ich über den Einzug von Alexa in unserem Haushalt berichtet: “Alexa willst Du mich heiraten?” Mittlerweile begleiten uns bereits zwei Alexas im Alltag und lesen uns täglich die Nachrichten vor, spielen unsere Lieblingsmusik und führen den Einkaufszettel.

Künstliche Intelligenz verändert unser Arbeitswelt

Professor Henning macht deutlich, dass dieser “digitale Schatten Teil unserer menschlichen Identität wird.” Zudem wird die künstliche Intelligenz auch alle Lernorte und die Arbeitswelt verändern.

Für die Generation Y und Z ist bereits heute selbstverständlich, dass Informationen jederzeit und überall verfügbar sind. Auch in der Industrie wird alles, was digitalisiert werden kann, digital.

Henning ist überzeugt, das die digitalen Plattformen in Zukunft nahezu unbegrenzte Möglichkeiten bieten. “Viele Produkte werden in Zukunft automatisch zu uns kommen, ohne dass wir sie noch bestellen müssen.”

Sehnsucht nach Geborgenheit wächst

Während ich Henning zuhöre, wird mir bewusst, wie wichtig in dieser Phase eine stabile Identität sein wird: Je größer die Optionen, desto stärker die Gefahr, sich zu verlieren.

Es braucht wenig Phantasie, um sich vorzustellen, dass auch die “Sehnsucht nach Geborgenheit wächst”, wie Henning es formuliert. Spannend bleibt die Frage, wo unsere Gesellschaft diese Geborgenheit findet?

Professor Henning ist überzeugt, dass es dazu “neue ethische Werte und Vereinbarungen” braucht. Die Maschinen werden eigene Rechtspersonen, dafür sind entsprechende Gesetze notwendig.

Eine fluide Kirche

Der Wirtschaftsexperte betont, dass auch die Ordnungssysteme in Industrie und Gesellschaft neu gestaltet werden. Er prognostiziert ein Ende des Datenschutzes. Seit der neuen DSVGO, die unsere Daten schützen soll, bestätigt jeder Nutzer, dass er seine Daten frei gibt. Falls nicht, kann er die sozialen Netzwerke und Computer-Dienste nicht nutzen.

Henning lädt ein, die “Macht des Gestaltens zu nutzen”. Konkret plädiert er für eine “Kultur des Vertrauens und der emotionalen Achtsamkeit”, damit der Wandel gelingt.

Sein Ausblick auf die Zukunft: Es wird einen “fluiden Staat und eine fluide Kirche geben”. Ich bin gespannt, wie diese Vision ausgestaltet wird.