Bei den Filmaufnahmen in San Diego ist es mir mal wieder bewusst aufgefallen: Vor Hotels und Cafés verharren immer wieder Passanten. Sie gehen nicht rein, sondern pausieren kurz vor dem Schaufenster: In der Hand ein Smartphone auf der Suche nach einem Hotspot, um drahtlos zu surfen. Dieses WLAN-Hopping, so scheint mir, ist ein globales Phänomen, das nicht nur die “Digital Natives”, die nach 1985 quasi “online” Geborenen, betrifft, sondern auch “Best Agers” wie mich. Sie sitzen in fremden Hotel-Lobbies, am Hafenkai und vor Rollfeldern, um möglichst kostenfrei online zu gehen.
Etwas dreist oder völlig ok?
An dieser Stelle beginnt für mich das spannende Thema “Netiquette”: Sollte ich höflich um Erlaubnis fragen, bevor ich mich einlogge? Oder ist das zu spießig und irgendwie auch reizlos, wenn ich die Grauzone verlasse und Profil zeige? Mich erinnert dies an die Geburtstagsfeier meiner Frau. Ein Bekannter, der höchst selten zu Besuch ist, maschierte kurz nach der Ankunft an unsere Kaffeemaschine. Meine Frau war noch beim Stehempfang, er hatte Lust auf Koffein. Mutig, dachte ich und beobachtete interessiert, wie er sich ungefragt ganz wie Zuhause fühlte und die Maschine startete. Wenn das gute Freunde im Laufe des Abends machen – mit einem kurzen Satz “darf ich?” – kein Problem. Doch in diesem Fall fand ich das als Gastgeber etwas dreist.
Verzehr nein, Hotspot ja!
Ähnliche Gedanken kommen mir beim Knigge WLAN-Hopping. Wenn ich als Gast im Hotel oder Café bin – kein Problem. Ich zahle für die Bewirtung und wenn es sein muss, auch für den Hotspot. Doch vor fremden Gaststätten? Verzehr nein, Hotspot ja! Für mich ein Geschäftsmodell das auf Dauer nicht funktionieren kann.
Nun bin ich gespannt, was Sie dazu denken und freue mich auf Ihren Kommentar….
Die Sicht dieser Dinge ueber “zahlbare Dienstleistungen” oder “kostenlose Angebote” etc. haengt sicher stark von dem sozialen Grundverstaendnis und von unserer Kultur und Alltagspraxis in anderen Lebensbereichen ab.
Es geht vielleicht eher um die Frage: Was ist eigentlich “DEIN”, oder “MEIN”, oder ganz einfach nur UNSER und ALLER.
In unserem Umfeld (Lateinamerika) wo das Verstaendnis noch nicht so stark individuell und rein materialistisch gepraegt ist, (wo alles rein rechtlich zugeordnet und individuell bezahlt wird) waere das Thema das angesprochen ist noch nicht einmal ein Thema, sonder alles was NUR DEIN ist musst du im Verborgenen nutzen und abschotten, aber nicht in der Oeffentlichkeit zeigen, wenn man nicht bereit ist es zu teilen.
Vielleicht funktioniert so nicht jedes Geschaeftsmodell aber es entsteht ein Gemeinschaftsmodell wo jeder der mehr als genug hat immer willig ist zu teilen zum Wohle aller, und nicht nur Internetwellen sonder auch Zeit, Kraft, Gaben usw. Im Grunde ist die weitere Sicht gar nicht so unbiblisch oder unpraktisch. (jedenfalls solange ich mich als Teil des Ganzen verstehe und nicht als Individualist losgeleost vom Rest)
Hallo Herr Wälde,
spannendes Thema, da wir gerade über einen kostenlosen Hotspot in unserem neuen Laden nachdenken. Wir werden dies wahrscheinlich mit einem “offen kommunizierten” Passwort in unseren Räumlichkeiten lösen.
Schauen wir mal, ob das die Lösung ist!!??
Vielen Dank für die ersten Kommentare. Ich finde es spannend, wie WLAN in der Kultur von Südamerika gesehen wird. In Deutschland steht in der Diskussion häufig der Sicherheitsaspekt (Datenschutz und Strafrecht) im Vordergrund.
Mein Ansatz fokussiert sich auf die Umgangsformen: Gelingt es, ein alltägliches Bedürfnis wie “Internetzugang auf Reisen” mit einem stimmigen Werte-Ansatz zu verbinden?
So kann ich mit einem kostenlosen Hotspot zum Beispiel auch meinen Kunden Wertschätzung signalisieren (Danke Herr Schmidt für das Beispiel). Gleichzeitig finde ich es angemessen, wenn ein Kunden diesen Service nicht wortlos als selbstverständlich nimmt. Schließlich muss der Unternehmer dafür auch zahlen und haftet unter Umständen gar, wenn illegale Daten über sein Netz geladen werden.