Sonja Stirnimann ist eine Pferdeflüsterin: Nicht für Vierbeiner, sondern für CEOs und Unternehmer in Krisensituationen. “Wenn das Kind bereits in den Brunnen gefallen ist, dann werde ich gerufen!” Ein Stressjob, ohne Frage, der sehr viel Energie kostet. Ihre Kraft schöpft sie am Wasser und schickt mir freundlicherweise ein Foto von ihrem Arbeitsplatz:

Kraftorte

Fotos: Sonja Stirnimann

Eine Mahnung, die Träume nicht aufzugeben

Mich erinnert dieses Bild an die Sehnsucht vieler Unternehmer, die eine 60 bis 70 Stunden-Woche leben und nur wenig Raum zum Träumen und Kraft tanken haben. Es für mich auch eine Mahnung, die eigenen Träume nicht aufzugeben.

Zurück zu Sonja Stirnimann, die ich beim Aufbau ihres neuen Unternehmerblogs begleite: “Ich brauche Wasser”. Bereits vor über 10 Jahren hat sie mit einem Segelboot den Atlantik überquert: “Das war für mich ein ganz großes Abenteuer, auf das ich bis heute stolz und sehr dankbar bin!”

Die Schweizer Beraterin hat sich auf Verantwortungsträger in Krisensituationen spezialisiert, ein Job der ihre ganze Aufmerksamkeit und auch Erreichbarkeit rund um die Uhr verlangt. Ihre Kunden sitzen auf der ganzen Welt. Wenn es brennt ist sie zur Stelle. Mit höchster Diskretion unterstützt sie die betroffenen Führungskräfte hinter den Kulissen.

Dabei muss sie selbst auf ihren Energielevel achten. Nachdem ihre Klienten eine akute Krise überstanden haben, sind auch ihre Batterien mitunter entladen. Sonja Stirnimann ist Profi genug, um zu wissen, wie wichtig die Pausen zwischendurch sind, um neu aufzutanken.

Das Büro am See als besonderer Kraftort

Während wir per Skype unser Beratungsgespräch führen, dreht Sonja Stirnimann zwischendurch ihre Kamera um und zeigt mir ihren Arbeitsplatz: Ihr Büro liegt direkt am Vierwaldstätter See mit Blick auf die Alpen. “Ich brauche diese Energie, den Platz am Wasser, um in kurzer Zeit zu regenerieren”.

Schnell entsteht zwischen uns beiden ein sehr intensiver Dialog über Kraftorte, die eine besondere Ausstrahlung haben und die kreative Energie fördern. Mich begeistert, wie klar Sonja Stirnimann ihre Bedürfnisse benennen kann. Ganz zielgerichtet hat sie dieses Büro ausgewählt und weiß um die Wichtigkeit dieses Platzes, um selbst in Balance zu bleiben.

“Wenn ich aus dem Fenster schaue, sortieren sich meine Gedanken. Ich bin konzentrierter, neue Kreativität wird frei!” Nun denken Sie vielleicht, das Ganze klingt mir zu esoterisch und runzeln nachdenklich mit der Stirn. Vielleicht ärgern Sie sich beim Lesen auch, dass sie zwar ein prestigeträchtiges Chefbüro mit edlen Möbeln, aber nur einen bescheidenen Ausblick auf den Mitarbeiterparkplatz haben?

Kommen Sie Ihrer eigenen Sehnsucht auf die Spur

Ich möchte Sie mit diesem Beitrag nicht frustrieren, sondern am Beispiel von Sonja Stirnimann inspirieren, ihrer Sehnsucht nach einem persönlichen Kraftort nachzuspüren. Halten Sie für wenige Momente inne und überlegen Sie selbst, an welchen Orten Sie selbst sich wohlfühlen und neue Kraft schöpfen.

Vielleicht ist es eine Grillhütte, die Sie beim Jogging immer wieder passieren oder eine große Lichtung im Wald? Vielleicht lieben Sie eher den Gipfel eines Berges mit einer besonderen Fernsicht?

Als Junge bin ich, wenn ich zuhause Stress mit meinen Eltern hatte, häufig mit dem Fahrrad zu einer alten Kirchenruine in den Wald gefahren. An diesem Ort konnte ich meine Gefühle und Gedanken sortieren. Diese Ruine war über viele Jahre mein Kraftort, an dem ich neue Energie schöpfen konnte.

Nutzen Sie Kraftorte auf Zeit

Als ich vor 30 Jahren mein erstes Buch geschrieben habe, stand ich unter großem Zeitdruck. So gut es ging versuchte ich im Alltag konzentriert dran zu bleiben und Seite um Seite an meinem Thema zu bleiben. Doch die Störungen des Alltags, Telefon, Post und viele andere Ablenkungen frustrierten mich immer mehr.

Der Abgabetermin rückte immer näher und der Druck auf mich als Jungautor stieg mit jedem Tag. Als ich zum guten Schluss endlich mit dem Manuskript fertig war, lagen auch meine Nerven blank und ich dachte: Einmal und nie wieder! Doch der Verlag war zufrieden und ermutigte mich, weitere Bücher zu schreiben.

Ich war in einer Zwickmühle: Die Resonanz war ermutigend, der Prozess im Büro mit vielen Störungen konzentriert zu schreiben, ein emotionaler Albtraum. Dann erinnerte ich mich an einen Urlaub in Korsika und kam auf die Idee, mir dort einen “Kraftort auf Zeit” zu suchen. Gesagt, getan: Das nächste Buch schrieb ich mit Blick aufs Meer.

Im Gegensatz zum Büro konnte ich meine Gedanken täglich über das Wasser schweifen lassen, von 9 bis 18 Uhr saß ich am Schreibtisch, in Shorts und Flipflops mehr als entspannt. Kein Telefon, keine Störungen, nur das Rauschen des Meeres und lachende Kinderstimmen in der Ferne. Mein Glück: Nach 14 Tagen war das Manuskript fertig.

Dieses Erlebnis auf Korsika hat mich tief geprägt und ich habe diese Erfahrung seitdem mehrfach genutzt: In schwierigen Situationen und bei anspruchsvollen Projekten ziehe ich mich für wenige Tage an einen Ort am Wasser zurück.

Wie wäre es mit einem Dreamday am See?

Dazu drei konkrete Beispiele: Seit vielen Jahren mache ich vier Mal im Jahr einen “Dreamday”, um in der Stille eine Standortbestimmung zu machen: Ich überprüfe meine Ziele, lese meine Aufzeichnungen durch und nutze die Zeit, um völlig ungestört über die kommenden Monate nachzudenken. Dabei gehe ich in Gedanken auch die unterschiedlichen Lebensbereiche durch: Ehe, Familie, Beruf und Freunde.

Da ich die inspirierende Kraft des Wassers kenne, habe ich mich vor meinem Umzug auf den Gutshof immer wieder in einem Hotel am Wiesensee eingemietet. Ich bin bereits am Sonntagabend angereist, um ungestört den ganzen Montag dort nutzen zu können. Heute habe ich das Glück, dass ich meine “Dreamdays” direkt an unserem See am Gutshof machen kann.

Beispiel zwei: Wenn ich in kurzer Zeit ein Drehbuch schreiben muss, fahre ich an die Nordsee. Die Insel Juist habe ich vor 20 Jahren als besonderen Kraftort entdeckt. Autofrei, nur einmal am Tag mit der Fähre erreichbar. 20 Kilometer Sandstrand. Dort quartiere ich mich bei komplexen Projekten ein und schreibe innerhalb von einer Woche das komplette Drehbuch für einen 60 Minuten langen Dokumentarfilm. Im Büro zuhause würde ich dafür Monate benötigen.

Beispiel drei: Als ich mich vor sieben Jahren beruflich komplett neu aufgestellt habe, war ich – sie ahnen es schon – für eine Woche am Meer. Innerhalb von sechs Tagen habe ich meinen Businessplan entwickelt, die Marketingstrategie und auch meinen eigenen Redaktionsplan für diesen Blog, den ich seit 2012 wöchentlich führe.

Auf diesem Hintergrund mache ich Ihnen Mut, sich von Sonja Stirnimann inspirieren zu lassen: Die Pferdeflüsterin für Unternehmer in Krisensituationen schöpft ihre Energie am Vierwaldstätter See. Suchen Sie nach Ihren persönlichen Kraftorten, um in schwierigen Zeiten den Kopf klar zu bekommen. Zum Start muss es nicht gleich ein Haus am See, aber vielleicht eine Bank am Wasser – für ein paar Stunden sein.