Ich war heute beim Bestatter, um mich kreativ und spielerisch mit meinem eigenen Ende zu beschäftigen. Hier mein persönlicher Erfahrungsbericht.

Beerdigung
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Plötzlicher Abschied auf einem Kreuzfahrtschiff

Vorneweg: Ich bin nicht lebensmüde – im Gegenteil. Ich genieße den Frühling und freue mich auf den Sommer. Doch durch verschiede Reisen – auch auf einem Kreuzfahrtschiff – weiß ich, es kann manchmal schnell gehen. Bei einer Tour sind an Bord gleich drei Passagiere gestorben.

Gemeinsam mit meiner Frau mache ich gerade einen 12-Wochen-Challenge. Inspiriert von Julia Cameron schreiben wir beide täglich unsere Morgenseiten, um den Kreativturbo mit neuen Ideen zu befeuern.

Zu diesem 12-Wochen-Programm gehört auch eine wöchentliche Kreativ-Werkstatt. Jeder erkundet einen neuen Lebensbereich, in dem er bislang noch wenig Einblick hatte. Vor zwei Wochen war ich bei einem Kaffeeröster, letzte Woche bei einem Fischzüchter und heute beim Bestatter.

Eine gute Entscheidung

Mein Thema: Wie möchte ich eigentlich beerdigt werden? Volker Kesting ist Chef eines Bestattungshauses und begrüßt mit einem gewinnenden Lächeln. „Gute Entscheidung“, meint er und empfängt mich in seinem Beratungsraum. Hinter ihm ein frühlingsgrüner Wald, der positive Assoziationen auslöst.

Unser Smalltalk dreht sich um „Zwei Hochzeiten und ein Todesfall“. Ich erzähle von meiner eigenen Biografie und schnell sind wir mittendrin im Thema: Endlichkeit und Tod.

„Dann lasse Sie uns doch mal die wichtigsten Punkte durchgehen“, meint Kesting und führt mich durch einen Fragebogen bei dem es um meine „Bestattungsvorsorge“ geht. Klingt erst mal positiv: Vorsorgeuntersuchungen bin ich gewohnt.

Bitte einmal Rügen aus Lindenholz

Doch dann geht es ans Eingemachte: Urne oder Sarg? Wo möchte ich beerdigt werden? Soll in der Kirche eine Orgel spielen? Wieviele Gäste erwarte ich bei meiner Beerdigung? Wie möchte ich, dass sie eingeladen werden?

Der Bestatter ist Profi. Er macht seinen Job sensibel und charmant, nimmt mir schnell die Scheu vor dem Thema. Doch als wir dann im Ausstellungsraum vor der Sarg- und Urnen-Kollektion stehen, muss ich erst mal schlucken. Im obersten Regal steht ein rotbrauner Lindenholz-Sarg, der mir am besten gefällt. „Modell Rügen. 1.300 Euro“ – steht auf dem Schild.

Ich denke an Caspar David Friedrich und die Kreidefelsen, dann an meine Künstlerfreunde Tine und Ernst, die aus Lindenholz ihre Holz-Skulpturen schnitzen. Zwei positive Assoziationen: Also bitte einmal „Rügen“ aus Lindenholz.

Plan B vorbereiten

Eine gute Stunde dauert es, bis wir alle Punkte geklärt haben: Traueranzeige, Blumenschmuck, Liedauswahl. Ich frage den Bestatter, ob meine Frau die Menüauswahl später noch ändern kann? Schließlich ist es doch ihre Trauer – ihr sollte das Arrangement (was für ein Wort) doch Trost spenden.

Volker Kesting nickt: „Selbstverständlich. Sie selbst können Ihre Bestattung natürlich auch jederzeit wieder ändern, wenn Sie neue Ideen haben.“ Ich schüttle schnell den Kopf und erinnere mich an eine nahe Verwandte, die über 20 Jahre den Pfarrer immer wieder mit Updates zu ihrer Beerdigung genervt hatte.

Doch der starb wenige Tage vor ihr. Was für eine kuriose Pointe. Zumal sie keinen Plan B hatte. Deshalb spreche ich mit Volker Kesting auch über die „Wenns und Aber“, die meine Planungen ändern können.

Der Bestatter verabschiedet mich mit einem fröhlichen „Wir werden uns bald wiedersehen“. Ich grinse ihn überrascht an? „Dann besprechen wir nochmals Ihre Bestattungsvorsorge“.

Mit einem Caipirinha in der Hand

Wenn ich will kann ich für einmalig 50 Euro einen Treuhandvertrag abschließen und damit auch das Geld für meine Beerdigung ansparen. Falls ich auf einem Kreuzfahrtschiff in der Karibik mit einem Caipirinha in der Hand sterbe, würde man mich auch kostenfrei zurückholen. Das klingt nach einem guten Plan.

Er drückt mir noch eine umfassende Vorsorgemappe in die Hand mit allen wichtigen Formularen. Eine sehr gute Zusammenstellung, die ich in meiner nächsten Kreativ-Werkstatt ausfüllen werde. Draußen im Auto erfüllt mich ein dankbares Gefühl. Jetzt gehöre ich zu dem einen Prozent, die auch ihr Ende geplant haben. Fühlt sich wirklich gut an.