Lang schreiben kann jeder. Doch kurz und knackig auf den Punkt zu kommen, erfordert ständiges Training. Besonders auf Webseiten und in den sozialen Netzwerken sind kurze Texte gefragt. Hier eine kurze Anleitung, wie Sie überflüssige Worte vermeiden.

kurze Texte
Foto: shutterstock

Weil Kürze des Witzes Seele ist – Hamlet

Von Arthur Schoppenhauer gibt es das Zitat: „Jedes überflüssige Wort wirkt seinem Zweck gerade entgegen.“ Schade, dass viele Inhaber von Webseiten das genaue Gegenteil praktizieren.

Gleich auf der Startseite vergraulen sie den Kunden mit ellenlangen Texten. Teilweise schlecht formatiert, mitunter auch noch in weißer Schrift auf farbigem Hintergrund. Für Nutzer über 40 schlecht lesbar.

„Weitschweifigkeit“ nannte Shakespeare bereits vor 400 Jahren dieses Phänomen und ließ seinen Hamlet „In der Kürze liegt die Würze“ sagen.

Führen Sie mit Ihrem Leser einen Dialog

Ich empfehle Ihnen einen inneren Dialog mit dem Leser zu führen. Ausgangspunkt ist die Frage des Webseiten-Besuchers: Welchen Nutzen bietet dieses Unternehmen für mein Leben?

Dirk Eckhart und Walter Stuber sind Gerüstbauer aus Leidenschaft. Wenn mich Kunden fragen, was die beiden machen, sage ich scherzhaft: Das ist Ihr Partner, wenn Sie eine sanierungsbedürftige Eisenbahnbrücke haben.

Schnell ernte ich ein Schmunzeln. Vor allem, weil dieser Satz sofort Kino im Kopf erzeugt. Die Eisenbahnbrücke löst ein emotionales Bild aus, das hohe Gerüst darunter Gänsehaut.

Schachtelsätze sind Mist

Der Neurowissenschaftler Dr. Lars Meyer vom Max Planck-Institut weist darauf hin, dass Sprache immer flüchtig ist. „Wenn Sie einen Satz hören, erstreckt er sich über drei, vier, fünf Sekunden. Das ist für ein Gehirn richtig viel Zeit. Das Gehirn arbeitet viel schneller, das Gehirn hat eine Auflösung von Millisekunden.“

Schachtelsätze sind aus dem Blickwinkel der Gehirnforschung wie Mist. Sie überfordern das Gehirn, das bereits nach 2,7 Sekunden einen Gedächtnisabfall zeigt. Besser sind kurz Sätze, die schneller erfasst werden. So wie beim Frühstücks-Zuruf: „Bei Aldi gibt es diese Woche E-Bikes im Angebot.“

In der Zeitschrift „New Yorker“ gibt es seit mehreren Jahren eine Rubrik, die kurze Texte feiert. Sie nennt sich „Flash Fiction“. Das sind Ultra-Kurzgeschichten, die gut zum Zeitgeist passen.

Ein Beispiel von Anne Enright: The Weight – Das Gewicht. „Inzwischen war es schwer zu sagen, ob sich das Flugzeug noch drehte oder einfach fiel.“

Was sind die falschen Wörter?

„Schreiben ist leicht. Man muss nur die falschen Wörter weglassen.“ So hat es Mark Twain vor hundert Jahren knackig formuliert. Doch was sind die Worte, die man nicht braucht?

In meiner Ausbildung beim Radio habe ich über Monate das Schleifen von Sätzen trainiert. Vor allem für die Nachrichten-Sendungen, die in drei bis vier Minuten das Wichtigste vom Tage zusammenfassen.

Wer macht was, wann wo? Das ist die kürzeste Formel für jeden Text. Sie gilt auch heute noch für Meldungen in der Tageszeitung oder Online-Formaten. Die Technik ist so einfach wie mühsam: Jedes überflüssige Wort streichen, bis der Kern übrig bleibt.

Kürze sorgt für Spannung

„Das Geheimnis der Langeweile ist alles sagen wollen.“ Dieser Ausspruch stammt vom französischen Philosophen Voltaire. Natürlich will keiner seine Leser langweilen. Dennoch machen viele Autoren genau das. Sie schwafeln, kommen nicht auf den Punkt.

Mein Tipp: Lesen Sie Ihre Texte Ihrem Partner oder Mitarbeiter vor. An welcher Stelle schweifen seine Augen ab? Wo fängt er an zu gähnen oder auf das Handy zu schauen? Diese Beobachtungen sind wichtige Indizien, dass die Texte immer noch zu ausführlich, zu lange sind.

Zum Schluss noch ein Beispiel aus meiner eigenen Schreibwerkstatt: Momentan schreibe ich täglich von 9 bis 13 Uhr an meinem 4. Krimi „Sommertosen“. Es macht großen Spaß, mir die Figuren auszudenken. Kurze Dialoge zu schreiben.

Nach der Kaffeepause mit einem Spaziergang durch den Garten lese ich die Passage nochmals durch. Sind die Kapitel dynamisch genug? Auch im Roman erhöhen kurze Sätze die Spannung. Der Leser spürt den Rhythmus. Bleibt dran und will das Buch hoffentlich nicht mehr aus der Hand legen. Ob dies auch dieses Mal wieder klappt, wird sich am 1. Oktober zeigen, wenn der neue Krimi erscheint.