Karl Lagerfeld war eine beeindruckende Persönlichkeit, als Modemacher, Fotograf und als Unternehmer. Zudem war er eine starke Personenmarke – mit Ecken und Kanten. In diesem Beitrag beleuchte ich die wichtigsten Faktoren, die seine Marke, aber auch sein Vermächtnis prägen.

Frederic Legrand – COMEO / Shutterstock.com

Hanseatisches Understatement

Die Nachricht verbreitete sich diese Woche wie ein Lauffeuer: Lagerfeld ist gestorben, am Dienstag in Paris! Die Stadt an der Seine war in den letzten Jahrzehnten sein Lebensmittelpunkt, doch sein hanseatische Herkunft blieb immer Teil seiner Identität.

Karl Lagerfeld war ein Multitalent und Modedesign nur ein Teil seiner künstlerischen Vielseitigkeit: Er konnte exzellent zeichnen, fotografieren und auch tanzen. Meisterhaft setzte er seine Talent in Szene und blieb dabei doch sensibel und bescheiden. Hamburger Understatement eben.

Inga Griese, die Chefredakteurin von ICON hat ihn regelmäßig getroffen und schreibt: “Lagerfelds kreative Kraft, seine umfassende Bildung, seine Haltung, seine Disziplin machten ihn nicht nur zu einem der wichtigsten Modeschöpfer unserer Zeit, sie waren mir auch Ermahnung, wach und interessiert zu bleiben.”

Wach und interessiert bleiben

Chapeau, denke ich und recherchiere, wie alt Lagerfeld geworden ist: 85 Jahre. Das unternehmerische Denken hat er von Kindesbeinen an gelernt: Sein Vater war Fabrikant der Glücksklee-Milch in Hamburg.

Als junger Mann suchte Karl Lagerfeld sein Glück in der Mode und absolvierte in den fünfziger Jahren eine Schneiderlehre bei Pierre Balmain in Paris. Danach studierte er drei Jahre Kunst und starte seine Karriere als künstlerischer Direktor bei renommierten Haute Couture Häusern wie Chloé, Fendi und Chanel.

In den 90er Jahren gründete er sein eigenes Modelabel und hatte den Mut, seine Kollektion über den Quelle-Katalog und später über H&M auch einer breiten Käuferschicht zugänglich zu machen.

Einzigartige Personenmarke: Haarzopf und Sonnenbrille

Ich bin überzeugt, dass auch seine stilistischen Markenzeichen wichtige Baustein seines Erfolges waren: Sein Pferdeschwanz und die dunkle Sonnenbrille machten die Personenmarke unverwechselbar. Das Ganze wurde mit der meist schwarzen Garderobe zu einer modischen Ikonographie.

Lagerfeld hatte Mut zu exzentrischen Marotten, dazu zählten auch die hohen Hemdkragen, seine Handschuhe, die eng geschnittenen Hosen und der auffällige Silberschmuck. Teil seiner Marke war bis zum Schluss auch Choupette, seine Hauskatze, die auch ohne sein Gesicht für ihn Werbung machte.

Großmeister der Selbstinszenierung

Ein wichtiges Element seiner Personenmarke war seine klare Meinung. Lagerfeld sprach Klartext, scheute sich nicht, auch politische Statements abzugeben, die seinem unternehmerischen Erfolg schaden könnten. Er ging hart mit der Flüchtlingspolitik ins Gericht und verteilte auch Seitenhiebe gegen andere Promis.

Bildung spielte in seinem Leben eine zentrale Rolle. Seine private Bibliothek soll nach seinen Angaben rund 300.000 Bücher umfassen. Vor 20 Jahren eröffnete er in Paris auch einen Buchladen und gründete mit Partnern einen Verlag.

Unvergessen sind die großen Modeschauen, die er für Chanel veranstaltete. Hier konnte sich Lagerfeld als Großmeister der Inszenierung immer auch selbst inszenieren. Kommentarlos präsentierte die Firmenwebsite in dieser Woche nur ein einziges Bild: Das Bild ihres Chef-Designers.

Abschied von einem der ersten Europäer

In seinem Nachruf würdigt ihn Wolfgang Joop als “einer der ersten Europäer. Er hat es geschafft eine deutsch-französische Brücke zu schlagen und ist dadurch eine europäische Figur geworden.”

Ich denke, Lagerfeld hat als Multitalent nicht nur modisch Geschichte geschrieben, sondern auch als Unternehmer Anerkennung verdient. Die Karl Lagerfeld Firma machte bereits vor fünf Jahren einen Umsatz von über 100 Mio. Euro. Auch Chanel profitierte von seinem kreativen Mut und stieg zur globalen Top-Marke auf.

Falls Sie Netflix haben, empfehle ich Ihnen die Dokumentation “7 Days out”, die Lagerfeld hinter den Kulissen seiner Haute Couture Show Herbst 2018 zeigt – ein bewegender Film, der Gänsehaut erzeugt.

Zum Abschied ein Zitat von Karl Lagerfeld, das heute wie ein Vermächtnis wirkt: “Man darf doch nicht stehen bleiben, nicht im Leben, nicht in der Mode, nicht in der Fotografie”. Recht hatte er. Adieu Kaiser Karl.