Irgendwann hat jeder mal Rücken. Wenn der Schmerz nicht nachlässt, gehen viele zum Arzt oder zum Physiotherapeuten. Doch eine zunehmende Zahl von Menschen googelt und landet früher oder später bei Roland Liebscher-Bracht. Der pfiffige Unternehmer aus Bad Homberg hat sein Marketing so perfektioniert, dass es sich als Musterbeispiel – auch für andere Branchen – eignet.

Screenshot https://www.liebscher-bracht.com

Deutschland hat Rücken

Es gibt Sprüche, die sich im Freundes- und Bekanntenkreis schnell verbreiten. “Ich habe Rücken” gehört sicher dazu und Liebscher-Bracht hat daraus einen Bestseller gemacht. “Deutschland hat Rücken” wurde zum Spiegel-Bestseller und 250.000 Mal verkauft.

Doch Bücher sind nur eines von vielen Standbeinen. Der Schmerz-Papst betreibt mit sehr großem Aufwand einen höchst erfolgreichen YouTube-Kanal, dem 1,7 Mio. Abonnenten folgen. Das Kuriose: Die Videos sind kostenfrei. Sein Geld verdient er mit clever vermarkteten Produkten.

Roland Liebscher-Bracht ist 65 Jahre alt und ein Self-Made-Unternehmer. Eigentlich will er Maschinenbau-Ingenieur werden, doch das Studium bricht er ab. Startet in Frankfurt erst mal eine eigene Autowerkstatt, wie jüngst “Die Zeit” berichtete. Sein Claim schon damals ziemlich frech: “Wir machen es für die Hälfte”.

Es geht um Reichweite

Wer heute erfolgreich sein will, braucht Reichweite. Bereits der erste Bestseller von Liebscher-Bracht wurde 500.000 Mal verkauft: “Die Arthrose-Lüge” sorgt seit 2017 für zahlreiche neue Abonnenten bei YouTube. Doch auch die Google-Optimierung zahlt in die Marke permanent ein.

Zu den häufigsten Schmerz-Symptomen gibt es etliche Videos und Online-Beiträge, die bei den entsprechenden Suchbegriffen gleich auf den ersten Plätzen auftauchen. Gemeinsam mit seiner Frau Dr. Petra Bracht und Sohn Raoul betreibt Roland Liebscher-Bracht ein Familienunternehmen und beschäftigt heute 150 Angestellte.

Der Hauptfokus liegt auf Content und Reichweite. Die Familie hat ein eigenes Fernsehstudio mit Live-Regie und vier Kameras. 40 Mitarbeiter sind mit den Inhalten under der Video-Produktion beschäftigt. 15 Mitarbeiter mit der google-Optimierung . “Die Zeit” berichtet von “monatlich 31.500 Bestellungen im E-Shop”, die bei den Liebscher-Brachts eingehen.

Diese Sparte macht 70 Prozent des Umsatzes aus: Neben den Büchern, gibt es allerlei Hilfsmittel zu kaufen: Von der Faszienrolle bis zum “schmerzfreien Drücker-Set”.

Club-Mitgliedschaft für die Premium-Kunden

Für die besonders treuen Kunden bietet Liebscher-Bracht eine Mitgliedschaft an. Für 12,50 Euro kann man auf dem Handy eine Premium-App laden und bekommt jeden Tag ein neues Video. Dieses Club-Modell via App soll mittlerweile von 32.000 Kunden genutzt werden und erzeugt ein Grundrauschen von 400.000 Euro Monatsumsatz.

Damit die Reichweite wächst und ständig neue Kunden in den Verkaufstrichter gelangen. drehen die Liebscher-Brachts jede Woche ein Video für die Bild-Zeitung. “Gesund in den Alltag” heißt dieses kostenlose Programm.

Aus meiner Sicht macht diese clevere Mischung aus Freemium, wie die kostenfreien Angebote genannt werden und Premium, den Marketing- und Verkaufserfolg aus.

Multiplikation über Ausbildung

An der Spitze des Premium-Angebots steht eine halbjährige Ausbildung zum zertifizierten Therapeuten. Nach eigenen Angaben haben 12.000 Heilpraktiker, Ärzte und Physiotherapeuten dieses Programm bereits absolviert. Wer will, kann dann auch noch Mitglied einer größeren Community werden und von den zwei Millionen Besuchern profitieren, die monatlich auf der Firmen-Webseite landen.

Liebscher-Bracht machen nach meiner Beobachtung fast alles richtig: Sie haben mit Roland eine starke Personenmarke aufgebaut, der mit seinem Bild auf allen Social-Media-Kanälen sehr schnell Vertrauen erzeugt. Die Club-Mitgliedschaft via App ist auch für sparsame Menschen noch zu finanzieren. Wer schon Netflix oder Amazon-Prime hat, leistet sich auch noch einen Liebscher-Bracht-Gesundheitskanal. Zudem wird der Gesundheits-Markt durch acht Millionen Babyboomer weiter wachsen.

Schwierig finde ich den sperrigen Doppelnamen, der mühsam gelernt werden muss – vor allem von älteren Menschen. Auch beim Empfehlungsmarketing finde ich das als Hindernis: “Hä, wie heißt der nochmal? Kannste mir das ganz langsam buchstabieren?”

Als Kunden hätte ich ihm geraten, ganz auf den Vornamen oder nur auf einen Familiennamen zu setzen. Aber was soll´s: Trotz dem kompliziertem Namen ist er mit Charisma und Marketing zu einer erfolgreichen Online-Marke geworden.