Seit einem Jahr leben wir im postfaktischen Zeitalter. Brexit und Donald Trump markieren den Wandel einer Kultur, in der Wahrheit zu einem fragilen Gut geworden sind. Aus diesem Grund plädiere ich heute für mehr Ehrlichkeit – auch im eigenen Unternehmen.

Ehrlichkeit

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Ehrlichkeit mit den eigenen Schwächen

Das ist der Vorteil der Meisterjahre: Mit jedem Jahr, das ich älter werde, kenne ich meine eigenen Schwächen immer besser. Diese auch noch zuzugeben, finde ich sehr erleichternd. Hier ein persönliches Beispiel: Ich bin gut im Marketing, aber nur eingeschränkt in Betriebswirtschaft – und das obwohl ich BWL studiert habe. Meine Frau ist in diesem Bereich deutlich erfolgreicher. Wir beide ergänzen uns sehr gut: Ihre Ausbildung als Industriekauffrau hilft ihr auch im Controlling.

Unsere Mitarbeiter im Gutshof wissen, dass ich ein sehr guter Zuhörer bin und deshalb in der persönlichen Beratung eine große Stärke habe. Gleichzeitig muss gut mit meinen Kräften haushalten, um nicht auszubrennen. Da ich sehr vielseitig begabt bin, besteht auch die Gefahr, dass ich mich verzettle.

Meine persönliche Lernkurve zu mehr Ehrlichkeit: Ich erlebe viele offene Türen – auch beruflich – und muss täglich darauf achten, auch zu etlichen geschäftlichen Chancen, bewusst “Nein” zu sagen. Ein konkretes Beispiel: Um die einzelnen Lebensbereich in Balance zu halten, beschränke ich mich jedes Jahr bewusst auf 20 Kunden, die ich in meinen Markenherz-Workshops berate.

Ehrlichkeit mit dem eigenen Stolz

Jede Führungskraft kennt das Phänomen: Mit jeder Einladung auf die Bühnen des Lebens steigt das eigene Selbstwertgefühl. Auch ich kenne die Momente, wenn ich „gefragt“ bin und mich freue über Einladungen zu Vorträgen, in Gremien und zu großen Beratungsprojekten. Das kitzelt dem Ego und fördert meinen Stolz.

Wenn mein inneres Erfolgsbarometer steigt, erinnere ich mich ganz bewusst an die Momente des Scheiterns, an die Zerbrechlichkeit des Erfolges. Wie ein Landwirt denke ich an die Abhängigkeit von Wind und Wetter, die ich nicht beeinflussen kann.

In diesen Momenten spüre ich eine tiefe innere Dankbarkeit und Demut. Vieles, was ich an Gunst von Seiten meiner Kunden erlebe, ist für mich ein Geschenk: Sie schenken mir ihr Vertrauen und gönnen mir auch, dass ich an ihnen „verdiene“. Gunst und Gönnen hängen für mich untrennbar zusammen. Beides kann ich nicht machen. Es ist und bleibt ein Geschenk.

Ehrlichkeit mit den begrenzten Kräften

In der letzten Woche habe ich meinen 57. Geburtstag gefeiert und mir bewusst gemacht, dass mein letztes Lebensdrittel beginnt. Diese Begrenztheit – auch der körperlichen Kräfte – empfinde ich manchmal als Bedrohung. Ich habe immer noch große Träume und Visionen, aber die Endlichkeit spielt mit.

Mein Wunsch: Ich möchte gerne bis zu meinem 77. Geburtstag noch beruflich aktiv sein. Beim Nachdenken spüre ich, dass ich mich in der nächsten Lebensphase noch mehr fokussieren muss. Aus diesem Grund habe ich vor wenigen Wochen meine zehn wichtigsten Ziele für die kommenden 20 Jahre formuliert.

Dazu gehört, dass ich gerne ehrenamtlich als Mentor junge Medienmachern begleiten möchte. Bereits seit Jahren investiere ich mich in junge Menschen, dieses Engagement möchte ich noch stärker ausbauen.

Mein Best Practise Tipp:

Nehmen Sie sich die Zeit zu einer ehrlichen Zwischenbilanz: Nutzen Sie den Frühlingsbeginn für eine kreative Auszeit, in der Sie Ihren Alltag als Selbständiger, als Führungskraft analysieren.

Wie zufrieden sind Sie persönlich mit Ihrem beruflichen und privaten Leben? In welchen Bereichen wünschen Sie sich konkrete Veränderung?

Notieren Sie die Bereiche, in denen Sie sich einen Kurswechsel wünschen. Setzen Sie sich konkrete Ziele, bis wann Sie selbst die Veränderung umsetzen möchten.

Falls Sie persönliche Unterstützung wünschen, empfehle ich Ihnen unsere “Biografie-Schmiede” im Gutshof. In einer kleinen Gruppe von Selbständigen und Führungskräften begleiten meine Frau und ich Sie in Ihrem persönlichen Veränderungsprozess. Sie beginnt am 12. April 2018.