Als Filmemacher und Redner bin ich viel unterwegs – innerhalb von Deutschland meist mit der Bahn. Ich genieße diese entspannte Form des Reisen mit Koch und Chauffeur. Gerade nach langen Seminartagen relaxe ich in einem ruhigen Abteil und freue mich auf eine gute Zeitschrift und frische Impulse für meinen Geist. Zu meiner Lieblingslektüre zählt das Magazin Monocle, das seit sechs Jahren in London erscheint. Schon auf den ersten Blick löst eine neue Ausgabe bei mir enorme Glücksgefühle aus. Das Cover im Retrolook fällt aus dem klassischen Rahmen: Kein Covergirl oder Posterboy, sondern kleine Fotos oder Zeichnungen, die um Aufmerksamkeit ringen. Dazu die wichtigsten Themen aus aller Welt.

Wie werden wir in Zukunft leben?

Monocle denkt global, sammelt Trends aus Gesellschaft und Kultur. Auf allen Kontinenten sind Scouts unterwegs, die für das Magazin recherchieren und ihre Geschichten schreiben: Wie werden wir in Zukunft leben? Welche Gesellschaftsmodelle werden zur Zeit in Japan oder Paraguay erprobt? Jährlich gibt es eine Untersuchung über lebenswerte Städte: Was unterscheidet den Wohnwert in Helsinki von Lissabon?  Ich finde es spannend, wie “Heimat” und “Zuhause” in einer globalisierten Welt neu definiert werden und bin gespannt, welche handwerkliche Kunst in diesem Monat neu entdeckt wird.

Neue Blickwinkel auf die globalisierte Welt

Dabei ist Monocle ziemlich sperrig, keine leichte Ratgeberkost. Eher ein großer Frankfurter Schrank, der bei jedem Öffnen neue Überraschungen bietet. Ich genieße es beim Blättern neue Blickwinkel zu entdecken, lasse mich gerne von den Portraits inspirieren, die über meinen eigenen Tellerrand hinausgehen. Nebenbei bietet Monocle auch haptische und visuelle Abwechslung. Die knapp 300 Seiten der aktuellen Ausgabe sind mal auf Hochglanz, mal auf Naturpapier gedruckt. Nicht nur die Phantasie wird angeregt, sondern auch das sinnliche Lesevergnügen.

Der kreative Kopf pflegt Understatement

Der kreative Kopf hinter Monocle ist Tyler Brûlé, ihm gehört die letzte Seite im Magazin. Sein Foto dagegen ist nicht zu finden, der Chefredakteur braucht diese Form der Selbst-PR nicht, zeichnet ganz simpel mit einem “M” – die eleganteste Form von Understatement. Brûlé ist in der Branche kein Unbekannter, zuvor hat er Wallpaper – eines der innovativsten Designmagazin gestartet. Doch mit Monocle ist ihm der ganz große Wurf gelungen. Kein Mainstream, kein populistisches Massenblatt, sondern ein “Hidden Champion”, ein Schatz der im Verborgenen glänzt.

Sie merken schon: Genau das richtige für eine lange Zugfahrt.