Mit einem Geschäftspartner bin ich in der Fußgänger-Zone in Köln unterwegs. Wir unterhalten uns über aktuelle Projekte und die Neuerscheinungen auf dem Buchmarkt zum Thema Umgangsformen. Am Neumarkt kommt uns ein Mann entgegen, dessen Reißverschluss an der Hose offen steht. Er trägt einen dunklen Business-Anzug, das Malheur passt gar nicht zu dem korrekten Outfit. Was tun? In Sekundenbruchteil ist eine Entscheidung gefragt: Ansprechen oder einfach weitergehen? Ich entscheide mich für Aktion, in seiner Situation wäre ich auch dankbar, wenn mich jemand ansprechen würde: „Entschuldigung …?“ Der Mann geht weiter, stoppt dann doch. „Ihr Reißverschluss an der Hose ist offen …“ Ein Blick nach unten, ein kurzes „Oh, danke …“ und schon trennen sich die Wege wieder.
Soll ich es ignorieren und etwas sagen?
Auf den folgenden Metern diskutiere ich mit meinem Geschäftspartner über die Situation. Mir fällt ein Foto aus meiner Seminar-Präsentation ein, das ich gerne zum Einstieg verwende. Es zeigt eine Szene aus dem Firmenalltag: Ein junger Mann im dunklen Anzug hält einen kurzen Vortrag vor der Gruppe, die Kollegin auf dem Bild neben ihm lacht aus vollem Herzen: Offene Hose – er hat vergessen, auf der Toilette den Reißverschluss zu schließen. Im Seminar Umgangsformen diskutieren wir dann über die passende Reaktion. Manche plädieren für ein Ignorieren, andere für ein offenes Ansprechen. Nur wenige würden den Herrn kurz vor die Türe bitten und dort abseits der Gruppe diskret auf den offenen Reisverschluss ansprechen. Dabei geht es immer wieder um die Frage, ob gute Umgangsformen auch etwas mit Mut und Zivilcourage zu tun haben?
Unglaublich, aber wahr
Eine Stunde nach der beschriebenen Situation passiert mir auf dem Kölner Hauptbahnhof die gleiche Geschichte noch einmal – kurz vor dem Einsteigen in den ICE. Ich zögere für einen Moment: Ignorieren oder Agieren? Die Entscheidung fällt schnell. Der ältere Herr ist sehr dankbar, als ich ihn auf den geöffneten Reißverschluss anspreche, und bedankt sich freundlich.
Ich würde für den Betreffenden offen sichtlich auch meinen
Reisverschluss öffnen und mich bedanken das er mich so frühzeitig
an den neuen Trend teilhaben lässt… 🙂
Guten Morgen Herr Wälde,
ein interessanter Beitrag, den ich nur befürworten kann.
Mir fehlt es aber dabei an einer passender Formulierung, wenn die Beziehung so ist, dass eine Frau diesen Fehler entdeckt.
Als ich ein kleine Mädchen war, meinte meine Oma dazu man könne als Dame sagen : ” mein Herr, sie haben einen Toilettfehler” , ob die Herren das verstehen ?
Herzliche Grüße, ich freue mich schon auf das Seminar bei Ihnen Silke Hirsch
Ansprechen oder ignorieren?
Da hier nicht ein Grundnahrungsmittel in einem versehentlich offenstehenden Kochbeutel gemeint sein dürfte, sollte die Schreibweise des “Reisverschluss” noch mal überdacht werden.
Vielen Dank für die Kommentare – auch zur Schreibweise von “Reißverschluss”. Das orthografische Problem ist ebenfalls gelöst…
Ich habe, als jüngere Frau, auch einmal einen Herrn (diskret) auf sein Dilemma hingewiesen. Seine (laute) Antwort: You have seen it immediately, did you? Und dann Gelächter von ihm und seinem Begleiter. War mir superpeinlich.