Ich freue mich sehr, dass Deutschlands bekanntester Gehirnforscher zugesagt hat, in den Gutshof zu kommen. Am Freitag, 16. Juni haben Sie die Gelegenheit, Professor Gerald Hüther persönlich kennenzulernen. Bei der Zukunftsmanufaktur stellt er die neuesten Ergebnisse der Gehirnforschung vor.

Gerald Hüther

Wohin steuert unsere Entwicklung?

Meine Frau Ilona und ich schätzen die Bücher und Vorträge von Professor Gerald Hüther. Uns beide fasziniert, welche erstaunlichen Kenntnisse in der Hirnforschung in den letzten 20 Jahren erzielt wurden. Gerald Hüther lebt in Witzenhausen bei Kassel. Er liebt es neue Ideen und Vision zu entwickeln, die regional auch gut umgesetzt werden können.

Bei einem Vortrag berichtete er vom Weltwirtschaftsgipfel in Davos. In diesem Jahr ging es um die Frage: Wohin steuert unsere Entwicklung? Das Credo in der globalen Wirtschaft lautet: Alles was zu automatisierten ist, wird auch automatisiert werden. Dieser Trend macht vielen Menschen Angst.

Im letzten Jahrhundert wurden Maschinen entwickelt, die Menschen Arbeit erleichtert haben. Nun übernehmen künstliche Intelligenzen die Aufgaben, die früher unserem menschlichen Geist zugeschrieben wurden.

Zwei Drittel der Berufe wird es in 20 Jahren nicht mehr geben

Viele Experten sind sich einige: Zwei Drittel der Berufe wird es in 20 Jahren nicht mehr geben. Die Frage, die Gerald Hüther stellt: Was macht man mit den vielen Menschen in 20 Jahren, deren Berufe es nicht mehr gibt?

2023 ist noch nicht klar, worauf es in 20 Jahren ankommen wird. Doch in den Schulen ist das die zentrale Frage: Was wollen wir den Schülern heute vermitteln, damit sie auf den Wandel vorbereitet sind?

Professor Hüther ist überzeugt, dass sich die Kinder nur dann zurechtfinden werden, wenn sie ihre kindliche Freude am Lernen auch im Erwachsenenalter bewahren.

Lernlust als Zukunftskompetenz

“Wer Lust hat zu lernen, wird nicht überrannt von den Entwicklungen, sondern wird ein Gestalter”, so Hüther. Er plädiert an die Eltern und Lehrer, diese zentrale Aufgabe nicht aus dem Blick zu verlieren: “Bei allen Kindern die Lust am Lernen zu bewahren und zu fördern.”

Mir persönlich gefällt dieser Ansatz, Lernlust als Zukunftskompetenz zu sehen. Die Frage, die Hüther als Hirnforscher beschäftigt: Wie gestalten wir unsere Bildungsprozesse, um zukunftsfähig zu bleiben?

Bei der Zukunftsmanufaktur am 16. Juni haben wir auch Schulleiter und Lehrer eingeladen. Ich bin mir sicher, dass sich dadurch ein spannender Dialog ergeben wird.

Unser Gehirn nutzt sich nicht ab

Bei der Vorbereitung zu unserer Tagung habe ich mich auch mit Gerald Hüthers Analyse von älteren Menschen beschäftigt. Er betont, dass manche Annahmen, die langläufig geglaubt werden, überhaupt nicht stimmen. Zu den falschen Annahmen zählt beispielsweise: Dass unser Gehirn wenn man älter wird, degeneriert. “Das klingt logisch, stimmt aber nicht”, so Hüther.

Er verweist auf eine langjährige Studie, die David Snowden unter Nonnen durchgeführt hat. Ihm fiel auf, dass Menschen, die in einem Kloster leben. nicht so oft krank werden, wie der Durchschnitt der Bevölkerung. Snowden erkannte: Nonnen bekommen weniger Zivilisationskrankheiten und werden weniger dement.

Um seine Forschung zu belegen hat er jährlich Demenztests an Ordensschwester durchgeführt und niemand gefunden, der wirklich dement war. Hüther fragt sich: Warum bleibt die Leistungsfähigkeit der Nonnen erhalten, obwohl auch ihr Gehirn degeneriert ist?

Neues Denken aus der Neurobiologie

Der Rückschluss, den Hüther aus der Nonnenstudie zieht: “Unser Gehirn ist bis ins hohe Alter lernfähig, wenn etwas degeneriert, kann es an anderer Stelle neu gebildet werden.”

Ich finde diesen Denkansatz sehr spannend, weil er aufzeigt, dass ein Regenartionsvermögen bis ins hohe Alter möglich ist. Im Umkehrschluss stellt Gerald Hüther die entscheidende Frage: “Was machen wir in unserem Leben falsch, dass es zu Demenz kommt?”

Scherzhaft fragt er: Liegt das hohe Regenerationsvermögen vielleicht daran dass die Nonnen unverheiratet sind? Hüther ist überzeugt: Wo etwas lebt, wird etwas aufgebaut. Gleichzeitig wird immer etwas abgebaut. Es gibt ein ständiges Wechselspiel auch im Alter von Aufbau und Abbau.

Für den Gehirnforscher ist klar: Die Degeneration der Gehirnzellen passiert von alleine, doch ein Wiederaufbau gelingt nur unter optimalen Bedingungen.

Neuroplastische Umbauprozesse

Zurück zur Schulbildung: Woran liegt es, dass manche Schüler, die einen Schulabschluss mit der Note 1,0 abschließen, nach zwei Jahren nur noch 10 Prozent des Wissens haben? Hüthers Antwort ist eindeutig: Ein Großteil des Wissens war nicht relevant.

Der Gehirnforscher fragt provokant: Warum vermitteln Schulen immer noch primär Wissen, wenn dieses heute von künstlicher Intelligenz und Masschinen viel besser gesammelt werden kann? Seine zweite Frage stellt die aktuelle Bildungspolitik auf den Prüfstand: Was muss passieren, dass die anfängliche Begeisterung über das Lernen nicht verschwindet?

Nach Gerald Hüthers Beobachtung geht die Begeisterung für das Lernen bereits in der Grundschule verloren. Das liegt nicht am Gehirn, sondern am Zwang, den die Schule ausübt. Die Schüler werden häufig zu Objekten von Erwartungen und Belehrungen gemacht, statt selbstbewusst eigene Entscheidungen zu treffen.

Hüther betont: Wir müssen uns von der Idee verabschieden, dass Bildung primär in den Schulen stattfindet. “Künftig werden immer mehr Bildungsprozesse in den Kommunen, im Stadtbad, im Wald oder im Museum stattfinden. Zum Lernen braucht man nicht unbedingt einen Lehrer.”

Zukunftsmanufaktur am 16. Juni

Ich freue mich sehr auf die Tagung mit Professor Gerald Hüther und bin sehr gespannt auf seine praktischen Vorschläge, wie wir als Gesellschaft die Zukunftsfähigkeiten lernen können. In seinem Vortrag wird er aufzeigen, wie wir neue Metakompetenzen erwerben und gemeinsam mit anderen Menschen die aktuellen Probleme lösen.

Falls Sie Gerald Hüther persönlich kennenlernen möchten, lade ich Sie herzlich ein, am 16. Juni mit dabei zu sein. Es gibt noch einige wenige Restkarten.