Ein Brand droht das Lebenswerk der Familie Finkbeiner zu zerstören. Im Winter 2020 geht das Stammhaus in Flammen auf und damit auch die Michelin-Sterne, die sie über Jahre hart erkämpft haben. Als wäre diese Krise nicht schlimm genug, erreicht zwei Monate später auch die Corona-Pandemie den Schwarzwald. Die Traube Tonbach wird durch den doppelten Schlag in ihrer Existenz erschüttert.

Traube Tonbach
Die Hoteliers und Gastronomen Heiner, Renate, Sebastian und Matthias Finkbeiner führen die Traube Tonbach gemeinsam. (Pressefoto Traube Tonbach – Fotograf: Rene Riis)

Eine Hoteliersfamilie wird erschüttert

Sehr gut kann ich mich an meinen ersten Besuch in der Traube Tonbach erinnern: Am 9. November 1997, dem Geburtstag meiner ersten Frau. Ein unbeschwertes Wochenende – die letzte Oase, um aufzutanken – bevor ein Orkan unser gemeinsames Leben erschütterte. Kurz nach der Rückkehr erhielten wir die Diagnose, das Bettina mit 37 Jahre unheilbar an Krebs erkrankt ist. Zehn Monate später war sie bereits tot.

Seit diesem Tag habe ich eine besondere Beziehung zu diesem Hotel. Ein positiver emotionaler Anker, eine Erinnerung an unbeschwerte Zeiten. Über die Jahre habe ich aufmerksam etliche Medienberichte verfolgt. Der Brand der beiden Gourmetrestaurants im Januar 2020 hat nicht nur die Hoteliersfamilie Finkbeiner erschüttert, sondern auch die 140 Mitarbeiter und viele ihrer langjährigen Kunden.

Umso mutiger finde ich ihre Entscheidung, die sie bereits eine Woche nach dem Brand ihren Mitarbeitern verkündete: Wir bauen wieder auf. Diese Nachricht war ein Hoffnungszeichen für das ganze Team und bewahrte auch viele Mitarbeiter davor, das Hotel zu verlassen.

Krisenbewältigung im Mittelstand

Doch so tragisch der Brand ist, er scheint heute wie die Vorwarnung für einen viel größeren Tsunami, der die ganze Welt erschüttert. Zwei Monate haben die Finkbeiners Zeit, um zwei Interimsrestaurants auf dem Dach ihrer Tiefgarage zu planen. Dann kommt Corona.

Innerhalb von Tagen stornieren die Gäste ihre Buchungen. Das Team näht 1000 Masken, geht in den Lockdown. Aus einer Feuerkatastrophe wird in kurzer Zeit eine Existenzkrise, die das gesamte Unternehmen erschüttert. Die Mitarbeiter haben jetzt noch mehr Gesprächsbedarf. Wie geht es weiter? Werden wir die Doppelkrise schaffen?

An dieser Stelle ist die Krise der Traube Tonbach ein Symbol für Hunderttausende von kleinen und größeren Unternehmen. Unvorbereitet wurden Millionen von Menschen mit der Pandemie und den beruflichen Folgen konfrontiert. Die Welt im technischen und gesellschaftlichen Umbruch sorgte ohnehin schon für genügend Verunsicherung. Doch durch die Pandemie erlebten viel Menschen ein Gefühl, wie in einer Zentrifuge geschleudert zu werden.

ARD-Dokumentation arbeitet zwei Jahre Krise auf

Seit Ende August gibt es in der ARD Mediathek eine spannende Fernsehserie: “Verbrannte Sterne” dokumentiert den Kampf der Traube Tonbach ums Überleben. Zwei Jahre lang hat das Fernsehteam die Finkbeiners begleitet, die in achter und neunter Generation den Familienbetrieb leiten.

In den fünf Folgen kann jeder Zuschauer die Pandemie noch einmal durchleben: Die eigenen Ängste, die Unsicherheit und auch die Bewältigung der Krise werden sehr gut illustriert. Gleichzeitig ist die Serie “Verbrannte Sterne” auch ein Beleg dafür, wieviel Durchhaltevermögen und Kraft in einem Familienunternehmen steckt und wie wichtig der Mittelstand für unser Land ist.

Eine sehr berührende und spannende TV-Serie. Mein Filmtipp für diesen Spätsommer.