Hand aufs Herz: Wann sind Sie bei einem Spielfilm mit allen Sinnen dabei? Immer dann, wenn es besonders spannend ist: Wenn der Held am Abgrund hängt und alle Zuschauer mitfiebern, ob er die Krise überlebt. Bei Vorträge halten ist das nicht anders, deshalb zeige ich Ihnen in diesem Beitrag auf, wie Sie mit der richtigen Dramaturgie Ihre Zuhörer begeistern.

Vorträge halten

Dramatische Geschichten statt langweiligen Folien

Die besten Geschichten schreibt das Leben: Das wissen Sie als Unternehmer genauso gut wie ich. Dennoch langweilen viele Führungskräfte ihr Publikum mit überladenen Folien, die eine fürsorgliche Assistentin für sie vorbereitet hat. Warum nehmen Sie Ihr Publikum stattdessen nicht mit in Ihren spannenden Alltag als Unternehmer?

Erzählen Sie von den dramatischen Krisen, den Hängepartien, die hinter Ihren Produkten und Ihren Dienstleistungen stehen. Nehmen Sie die Zuhörer mit an die Orte, an denen Unternehmensgeschichte geschrieben wird und lassen Sie das Publikum hinter die Kulissen blicken.

Bieten Sie Ihren Kunden eine Bühne und stellen Sie die spannendsten Praxisbeispiele vor, die Ihre Zuhörer von der ersten Minute an fesseln. Denken Sie an die alte Grundregel, die nicht von einem Showmaster, sondern von dem berühmten Adolph Knigge stammt: “Man soll nie vergessen, dass die Gesellschaft lieber unterhalten als unterrichtet sein will.”

Die drei häufigsten Fehler beim Vorträge halten

Fehler Nr. 1: Ein “Kugelhagel” von zu vielen Bulletpoints, komplexen Diagrammen oder langatmigen Texten, die das Auge kaum erfassen kann.

Fehler Nr. 2: Leider wiederholen viele Powerpoint-Präsentationen ziemlich genau das, was der Redner sagt. Sie listen langweilige Statistiken auf, die meist zu abstrakt sind und deshalb die Zuhörer kalt lassen.

Fehler Nr. 3: Ich, mir, meiner, mir. Viele Redner vergessen ihr Publikum und reden – so scheint es – zu sich selbst. Sie verwenden Insider-Slang, interne Abkürzungen, und unbekannte Fachbegriffe.

Das Resultat: “Monoton, langweilig, wenig Neues”, sind die häufigsten Kommentare, die meist hinter vorgehaltener Hand getroffen werden.

Die wichtigste Taste bei Vorträgen heißt “B”

Mein Tipp zum Vorträge halten: Nutzen Sie die Taste “B”, die auf jedem Computer dafür sorgt, dass der Bildschirm und damit Ihre Powerpoint-Präsentation an der Wand schwarz wird.

Damit beenden Sie die Konkurrenz zwischen überladenen Folien, die hell im Licht das Publikum von Ihrem meist dunkleren Gesicht und Ihren Worten ablenken. Nutzen Sie den Zauber der Bühne, auf der ein Redner alleine mit seinen Geschichten das Publikum begeistert.

Löschen Sie alle Glaubenssätze, dass nur mühsam vollgepackte Folien Ihren Zuhörern die Erleuchtung bringen. In Wahrheit ist genau das Gegenteil der Fall. Wer weiß, was er sagt und dabei die Dramaturgie des Storytelling einsetzt, kann auf billigen Foliendonner getrost verzichten. Also möglichst oft das Beamer-Licht aus und Spot an: Damit Ihre Geschichten nachhaltig wirken können.

Das Tal der Tränen und die Gipfel der Freuden

Zugegeben: Diese Überschrift klingt pathetisch, aber in einem Vortrag ist genau das ein entscheidendes Geheimnis, das über Erfolg und Misserfolg entscheidet. Lassen Sie mich kurz die Dramaturgie einer guten Geschichte aufzeigen: Ein Held macht sich auf die Reise, um sein Problem zu lösen. Er sucht nach Verbündeten, probiert die eine oder andere Lösung aus. Dabei überwiegen die Misserfolge.

Thomas Alva Edison hat für die Erfindung der Glühbirne angeblich 9.500 Misserfolge erlebt, bis er den Kohlefaden gefunden hat, der die Birne dauerhaft zum Strahlen bringt. Wenn Sie seine Geschichte in Ihrem Vortrag erzählen, ist dieses Tal der Tränen von großer Bedeutung: Noch ein Versuch und noch ein Versuch, die Geduld von Edison ist am Ende. Er will aufgeben, seine Freunde raten ihm, endlich Ruhe zu geben. Seine Frau droht mit der Scheidung und so weiter.

Ich denke jeder Unternehmer kennt die Krisen, die Einsamkeit, das Kämpfe gegen den inneren Schweinehund. Die Freunde und Verwandten, die als Zuschauer am Spielfeldrand stehen und ihm zurufen: “Gib endlich auf, das hat doch alles keinen Sinn”. Oder die Mutter, die dem Kind im Regen zuruft: “Komm rein, du bist schon ganz naß”.

Fotos: https://www.jakob-sozien.de

Doch am Ende der Straße steht ein Haus am See

Echte Helden geben nicht auf, sie machen weiter, auch wenn es in Strömen regnet und beißen die Zähne zusammen. Warum? Weil sie an Ihre Idee glauben, weil sie immer noch einen kleinen Funken Hoffnung in sich tragen. Ein Ziel vor Augen, dass sich auch der einsamste Weg am Ende lohnt.

Kennen Sie das Lied von Peter Fox: “Doch am Ende der Straße steht ein Haus am See?” Es drückt die Sehnsucht des Helden aus, dass am Ende doch alles gut wird. Das ist die Spannung, die das Publikum im Kino und Ihrem Vortrag bei der Stange hält. Jeder will wissen, wie geht die Geschichte aus?

Edison hat es geschafft und weil das “Tal der Tränen” mit 9.500 Misserfolgen so richtig tief war, freut sich am Ende der Geschichte auch jeder mit. Die alte Regel des Redners: Je tiefer Sie Ihre Zuhörer in der Krise mitgenommen haben, desto mehr jubelt es auch bei Ihrem “Gipfel der Freude” mit.

Berichten Sie authentisch von Ihren Misserfolgen

Damit bin ich am Kernpunkt meiner Empfehlung: Überlegen Sie konkret, welche Geschichten am Besten Ihre unternehmerische Vita illustrieren. Fokussieren Sie sich im ersten Schritt auf Ihr Scheitern und Ihre Misserfolge: Was haben Sie daraus gelernt? Wie sind Sie konstruktiv mit Ihren Krisen umgegangen?

Ich bin mir sicher, dass Ihnen Ihre Zuhörer umso mehr Vertrauen schenken, je authentischer und ehrlicher Sie von Ihren Misserfolgen berichten. Heldengeschichten, die sich nur auf Höhepunkte beschränken, sind langweilig und unglaubwürdig. Krisengeschichten dagegen packend und authentisch.

Dienstleistungen, die den harten sibirischen Winter der Entwicklung überstanden haben, die im Feuer der Krisen geschmiedet wurden, üben einen besonderen Reiz aus. Sie versprechen Widerstandskraft, machen stolz und bieten einen starken emotionalen Mehrwert.

Also zunehmend die Taste “B” am Computer drücken, Beamer aus und Bühne frei für Ihre besten Geschichten – mitten aus dem Unternehmerleben.