Lange Zeit dachte ich, Brainstorming sei besonders effektiv, um neue Ideen zu entwickeln. Doch wissenschaftlich ist längst erwiesen, dass dies nicht stimmt. Was sind die Alternativen, um neue Kreativität zu fördern?

Brainstorming
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80 Jahre Brainstorming

Brainstorming feiert in diesem Jahr bereits den 80. Geburtstag. 1942 veröffentlichte Alex F. Osborn sein Buch “How to Think Up” und ermutigte dazu, das Gehirn zu stürmen, um neue Ideen zu generieren. Seitdem wird diese Methode in zahlreichen Firmen und Teams eingesetzt. Auch ich habe in meiner beruflichen Laufbahn an vielen Brainstorming Sessions teilgenommen.

Doch bereits seit 30 Jahren ist klar, dass Brainstorming nicht wirklich effektiv ist. 1991 haben Mullen, Johnson und Salas dazu eine wissenschaftliche Studie veröffentlicht: Productivity Loss in Brainstorming Groups. Woran liegt es, dass es dennoch immer noch so beliebt ist?

Ich persönlich glaube, dass dies an der Einfachheit liegt: Ein Moderator stellt eine Frage, alle Teilnehmer denken laut, niemand darf kritisieren. Das Gesagte wird protokolliert. Doch in der Praxis habe ich häufig beobachtet, dass bei mir und anderen Teilnehmern mehr Ideen sprudeln, als gesagt werden können. Häufig reden nur die Extrovertierten, die Gedanken der eher Stillen finden wenig Raum.

Etliche Jahre war ich auch als Firmenbeirat in verschiedenen Unternehmen eingeladen. Ich erinnere mich sehr gut an die Brainstorming-Runden in einem Verlagshaus. In dieser Runde entstanden sehr viele Ideen für neue Bücher und neue Autoren. Doch in den folgenden Monaten hatte ich nicht den Eindruck, dass diese zumindest teilweise auch umgesetzt wurden. Zuviel kreatives Potential ging verloren. Das hat mich als Teilnehmer frustriert.

Warum ich Brainwriting bevorzuge

Kürzlich habe ich einen sehr interessanten Beitrag im “Magazin für neues Arbeiten gefunden”. Die Neue Narrative #14 zitiert den Sozialpsychologen Stefan Schulz-Hardt: “Menschen genießen die soziale Situation, die beim Brainstorming entsteht, überschätzen dabei aber das Ergebnis und den Anteil ihrer eigenen Ideen.”

Als Alternative stellen die Autoren das Brainwriting vor. Statt zu reden, schreibt jeder in der Stille seine Ideen auf. Diese Post-Its werden dann an ein Board geklebt und in der zweiten Phase können die anderen Teilnehmer diese Ideen weiterspinnen.

Nun muss ich zugeben, dass meine Frau und ich diese Methode schon seit 21 Jahren regelmäßig praktizieren, allerdings kannten wir damals den Begriff “Brainwriting” noch nicht. Seit der gemeinsamen Gründung unserer Akademie 2001 schreibt jeder für sich seine Ideen zuerst alleine auf Pinkärtchen, dann clustern wir diese Ideen und entwickeln daraus unsere private und berufliche Strategie.

Brainwriting bei Buchprojekten

Auch bei meinen Büchern arbeite ich seit zwei Jahren mit dieser Methode. Ob Roman oder Ratgeber – ich notiere alle Ideen zuerst auf Haftnotizen von Innox. Dann entwickle ich an der Wand in meinem Büro die gesamte Gliederung des Buches.

Bei meinem Romanen fotografiere ich die 4-Meter lange Gliederung und sende die Fotos an meine Lektorin. Im zweiten Schritt entsteht ein kreativer Dialog, den wir beide am Telefon führen. Wir diskutieren meine Ideen für den Plot und die einzelnen Figuren. Dabei entsteht ein kreativer Flow, der mich auch beim anschließenden Schreiben des Buches unterstützt.

Mit dieser Methode des Brainwritings gelingt es mir innerhalb von acht Wochen die Rohfassung eines neuen Romans zu schreiben. Anschließend diskutiere ich mit drei Testlesern den Entwurf – auch das gehört zu diesem Gruppenprozess. Ihr Feedback hilft mir, dann die finale Fassung zu erstellen.

Co-kreativ arbeiten

Nun ist ein Roman ein ziemlich komplexes kreatives Produkt. Doch ich selbst bin überzeugt, dass eine gute Mischung aus Einzelarbeit in der Stille und Co-kreativer Zusammenarbeit im Team zu guten Ergebnissen führt.

Nehmen Sie sich die Zeit, um alleine über die eigentliche Frage nachzudenken, für die Sie eine Lösung zu suchen. Was ist der Kern des Problems? Notieren Sie Ihre Gedanken auf bunten Haftzetteln und sortieren Sie diese anschließend auf einem Board, einem Fenster oder einer Zimmertüre.

Beteiligen Sie Kollegen aus Ihrem Team oder externe Berater und diskutieren Sie Ihre ersten Ideen und Lösungsansätze. Ich bin mir sicher, dass Sie in dieser Mischung erstaunlich innovative Ideen und Lösungen finden.