Manche Veränderungen beginnen unscheinbar: So wie bei Greta, die 2018 am ersten Schultag nach den Sommerferien nicht mehr zur Schule geht. Dass Thunberg damit Millionen von Menschen bewegt, hat sie sicher nicht geahnt. Die junge Schwedin inspiriert mich auch im Corona-Herbst 2021 über meine eigene Wirksamkeit nachzudenken.

Wirksamkeit
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Mein Zielfoto für Wirksamkeit

Gestern habe ich mit meiner Frau über die Zukunft unseres Gutshof-Projektes gesprochen. Vor drei Jahren sind wir euphorisch gestartet mit unserer Vision ein “Zentrum für Sinnsucher und Sinnstifter” zu bauen. Voller Elan und frischer Energie haben wir über 36 Monate aufgebaut, Mitarbeiter trainiert, Häuser eingerichtet, neue Konzepte entwickelt. Mit 59 Jahren ist es uns ein Herzensanliegen, dass wir mit unserer Arbeit “wirksam” sind.

Das Wort “Sinnstifter” oder “Sinnfluencer” – wie es im Jugendsprech heute heißt ist für uns das Zielfoto für Wirksamkeit. Wir möchten Menschen in der Mitte ihres Lebens ermutigen, ihre Erfahrung, ihr Lebenswissen an die nächste Generation weiterzugeben. Deshalb haben wir vor zwei Jahren den Goldzirkel gegründet und coachen intensiv diese Persönlichkeiten.

Doch Corona hat auch in unserem Gutshof zu einem deutlichen “Reset” geführt. Der Zauber des Anfangs wurde in diesem Jahr auf eine harte Bewährungsprobe gestellt. Wir mussten schweren Herzens einige Mitarbeiter entlassen und unser gesamtes Konzept noch einmal gründlich überdenken.

Die richtigen Dinge machen oder Dinge richtig machen?

Auch die Frage der Wirksamkeit beschäftigt uns beide sehr. Durch die Schließungsphase hatten wir sehr viel Zeit zum Nachdenken und Recherchieren. Dabei sind wir auch auf ein neues Wirtschaftsmagazin gestoßen: “Neue Narrative” – ein sperriger Titel, der wenig Sexiness versprüht, aber den gesellschaftlichen Wandel gut auf den Punkt bringt. Das junge Redaktionsteam in Berlin sucht neue “sinnstiftende Erzählungen”. Damit treffen sie auch bei uns den Nagel auf den Punkt.

Als frischer Abonnent freue ich mich besonders, dass sich die aktuelle Ausgabe um Wirksamkeit dreht. Sie beziehen sich dabei auf ein Zitat von Peter Drucker. Der Ökonom unterscheidet zwischen “Doing the right things” und “Doing things right”. Dieser Spagat zwischen “Die richtigen Dinge machen” (Effektivität) oder “Dinge richtig machen” (Effizienz) ist für jede Führungskraft eine Herausforderung.

Martin Wiens von “Neue Narrative” formuliert Wirksamkeit so: “Dass wir das Richtige richtig konsequent umsetzen”. Ich finde dies einen guten Ansatz und merke gleichzeitig, wie stark mich der Corona-Nebel bei der Umsetzung behindert.

Wie Corona den Überblick verhindert

Vor Jahren habe ich mich als Trainer für den SOI-Test ausbilden lassen. Das Modell “Structure of Intellekt” wurde bereits 1967 veröffentlicht. Für mich überraschend: Meine Fähigkeit zum implikativen Denken ist überdurchschnittlich ausgeprägt. Das heißt, ich kann schon vor einer Entscheidung sehr früh die Auswirkungen abschätzen. Wenn ich A mache, geschieht B, C und D.

Doch durch Corona ist diese Begabung eingeschränkt. Ich vermisse wie viele Führungskräfte den Weitblick und kann derzeit schlecht einschätzen, welche Wirkung mein Handeln hat. “Alles ist vertwistet”, schreibt Martin Wiens und bringt mein Gefühl der inneren Verwirrung gut auf den Punkt. Ich frage mich selbstkritisch: Kann ich in der aktuellen Lage überhaupt noch etwas bewirken?

Der Psychologe Albert Bandura hat dafür einen sehr passenden Begriff zur Wirksamkeit entwickelt. Er nennt dies “self-efficacy”: “Die Überzeugung einer Person, etwas bewirken zu können, also selbst einen Einfluss darauf zu haben, was im eigenen Umfeld und in der Welt passiert.”

Wirksamkeit: Es braucht sinnstiftende Erzählungen

Mich persönlich inspiriert das Magazin “Neue Narrative”, um neue Hoffnung zu schöpfen und im inneren Dialog mit den jungen Autoren meine Überzeugungen kritisch zu überprüfen. Ich denke darüber nach, “wie veraltete Bilder und Erzählungen eine umfassende Transformation der Wirtschaftswelt erschweren”.

Nach der Ansicht von Martin Wiens brauchen wir “sinnstiftende Erzählungen, die begleiten, verbinden und motivieren.” Sein Fazit ermutigt mich sehr: “Es bringt nicht, in einer alten Sprache über neue Ideen zu sprechen. Wer wirksam sein will, muss neue Narrative entwickeln.”

So wie Bodo Janssen, über den ich vor zwei Jahren einen Artikel geschrieben habe. Als Chef der Hotelkette Upstalboom sucht er nach neuen Wegen, wie er die Mitarbeiter begeistern und motivieren kann. Um ihre Wirksamkeit zu visualisieren lädt er sie nach Afrika ein. Gemeinsam bauen sie eine Schule und nehmen diese Erfahrungen mit in ihren Alltag. Sie lernen neues Selbstvertrauen und erfahren, wie sie mit ihrem täglichen Handeln Einfluss nehmen können.

Sein neues Buch “Vertrau dir selbst und du schaffst (fast) alles” liegt derzeit auf meinem Schreibtisch. Es inspiriert mich sehr, an meinen eigenen Träumen festzuhalten und nicht an der Wirksamkeit zu zweifeln. Gleichzeitig freue ich mich über die Rückmeldungen von anderen Selbständigen und Unternehmern – auch zu den Beiträgen in diesem Blog.

Sie signalisieren in diesen herausfordernden Tagen, dass viele von uns kämpfen, den Überblick zu behalten und praktische Ermutigung benötigen. In in diesem Sinne: Bleiben Sie dran und lassen Sie uns gemeinsam nach “sinnstiftenden Erzählungen” suchen, die verbinden und motivieren.

Treffen wir uns beim EPOS Kongress am 18. November 2020?