Sie planen ein Event und möchten selbst moderieren? In diesem Beitrag stelle ich Ihnen die wichtigsten Schritte vor, um gut vorbereitet in das Event zu gehen. Wo liegen die Stolpersteine? Wie moderieren Sie authentisch und souverän vor einer Gruppe?

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Professor Gerald Hüther / Fotos: Patrick Pfaff

Das Lampenfieber steigt

Gute Moderation wirkt mühelos und leicht. Manchmal auch so, als wäre sie gerade aus dem Ärmel geschüttelt und überhaupt nicht vorbereitet. Doch dieser Schein trügt. Vor einer Gruppe oder auf einer Bühne zu stehen, braucht Handwerkszeug und Vorbereitung. Vor allem dann, wenn das Lampenfieber steigt.

So wie am letzten Freitag: Zur Zukunftsmanufaktur haben wir Deutschlands bekanntesten Gehirnforscher eingeladen. Professor Dr. Gerald Hüther ist durch seine Bücher und Medienauftritte bundesweit bekannt. 100 Führungskräfte haben sich angemeldet. Wir lassen im Park ein großes Zelt aufbauen, mieten Stühle, buchen Catering.

Als Gastgeber werde ich die fünfstündige Veranstaltung moderieren. Doch die Vorbereitung beginnt bereits eine Woche früher – mit meiner Recherche und dem Briefing des Redners. Für eine gute Moderation muss ich die Vita meines Gastes kennen, seine aktuelle Bücher und das was in den Medien gerade an Berichterstattung läuft.

Die Anmoderation öffnet den Raum für Redner und Publikum. Sie entscheidet, ob vor der Veranstaltung ein Plus oder ein Minus steht. Sie baut Spannung auf – wie die Ouvertüre einer Oper oder die Titelmusik eines Kinofilms. Und sie gibt Sicherheit: Dem Redner und dem Publikum.

Was gibt Ihnen Sicherheit?

Lassen Sie mich kurz das Thema Sicherheit aus drei Perspektiven beleuchten: Für den Redner ist es wichtig, möglichst viel über das Publikum zu erfahren. Woher kommen die Zuhörer? Aus welchen Berufen? Was sind ihre Erwartungen? Wieviel wissen sie schon über das Thema? Wie ist die Veranstaltung aufgebaut? Was machte der Redner nach mir? Wieviel Zeit habe ich? Gibt es eine Diskussionsrunde?

Auch Gerald Hüther kommt mit diesen Fragen auf den Gutshof. Als Moderator muss ich darauf vorbereitet sein und sie in kurzer Zeit auch beantworten können. Wir treffen uns eine Stunde vor Beginn, setzen uns gemeinsam an einen Tisch. Dieses Briefing und die klare Absprache gibt uns beiden Sicherheit.

Die zweite Perspektive: Sicherheit für die Gäste. Sie haben sich wegen des Redners oder Themas angemeldet. Fragen sich: Wo ist mein Platz? Wo gibt es etwas zu trinken? Wo finde ich Toiletten? Wann gibt es das Essen? Endet die Veranstaltung pünktlich? Wann komme ich wieder nach Hause?

Die dritte Perspektive haben Sie selbst als Moderator: Sind alle da? Hält sich der Redner an den Zeitplan? Gibt es Störungen? Muss ich vielleicht sogar einschreiten und den Redner unterbrechen? Gleichzeitig ist da noch die eigene Aufregung, Lampenfieber, Unsicherheit.

Sie merken schon: Der Spannungsbogen ist ziemlich groß. Zwischen Redner, Publikum und der eigenen Rolle als Moderator. Zurück zum letzten Freitag: Kurz vor Beginn schreibt ein Gast: “Leider ein Stau vor der Autobahnausfahrt. Startet bitte 15 Min. später”. Hier muss ich als Moderator abwägen. Lasse ich wirklich 99 Menschen warten? Die Antwort ist schnell gegeben.

Moderieren öffnet den Raum

Um 13.55 Uhr laufe ich als Gastgeber durch alle Räume: “Bitte nehmen Sie Platz, wir fangen an.” Um 13.59 stehe ich auf der Bühne, nehme Blickkontakt mit allen Gästen auf. Langsam kehrt Ruhe ein, dann geht es los. Ich schaue auf das Thermometer: 28 Grad.

Gerade auf der Bühne ist es wichtig, authentisch zu sein. Ich starte mit einem Wortspiel. “Wäre hätte gedacht, dass wir in Nordhessen heute mediterrane Temperaturen bekommen? ” Dann gebe ich einen Überblick über den Nachmittag, die Redner, und beantworte alle organisatorischen Fragen, die mein Publikum vom Hören des ersten Vortrags ablenken könnten.

Auch die Tagesaktualität spielt eine große Rolle, deshalb habe ich kurz vorher nochmals die Schlagzeilen von Tageszeitung und ZDF heute gescheckt. Bei wichtigen Ereignissen muss ich diese kennen, um mein Publikum abholen zu können.

Die allererste Moderation darf nicht zu lange sein, muss alles Wichtige klären und gleichzeitig den Spannungsbogen halten. Hier gibt es nicht um langatmige Selbst-PR, sondern um kurze und gehaltvolle Sätze, die konkret auf den Punkt kommen. Mein Tipp: Die wichtigsten Punkte auf einen Stichwortzettel, möglichst nicht ablesen, sondern frei mit Blickkontakt sprechen.

Wie Sie bei Pannen moderieren

In den letzten 30 Jahren habe ich immer wieder auch Pannen erlebt, die mich als Moderator herausgefordert haben. Ein raschelndes Headset, das am Bart des Redners schrappt, defekter Beamer, Ausfalll von Lampen. Oder auch der offene Reißverschluss an der Hose.

Mein Tipp: Alles was auf der Bühne passiert, wird vom Publikum wahrgenommen. Es lenkt ab und stört beim Zuhören. Als Moderator können Sie das nicht ignorieren, sondern müssen eingreifen. Stehen Sie auf und versuchen Sie so zu agieren, dass der Redner dabei nicht erschrickt.

Konkret: Wenn der Reißverschluss des Redners offen ist, müssen sie langsam aber sicher durch den Mittelgang nach vorne gehen und sich schützend vor den Redner stellen. Ich gebrauche gerne ein Ablenkmanöver. “Entschuldigung, darf ich kurz Ihr Mikrophon prüfen.” Dann nehme ich das Mikro in die Hand und flüsterte den Hinweis in sein Ohr, so dass der Redner (geschützt von mir) sein Malheur unbemerkt lösen kann.

Falls der Redner mehrfach hustet, die Stimme belegt ist und Sie merken, dass auf dem Podium ein Getränk fehlt – auch dann sollten sie souverän agieren. Gehen Sie gelassen wie die Mitarbeiter des Deutschen Bundestages ans Rednerpult und stellen Sie wortlos Glas und Getränk ab.

Zwischenmoderation gestalten

Während Gerald Hüthers Vortrag spüre ich eine unglaubliche Konzentration. Die Zuhörer wollen kein Wort verpassen, würden wir nicht am Park sitzen, könnte man ein Stecknadel fallen hören. Dann beginnt die Fragerunde, die ich als Moderator leiten soll. Da ich nicht weiß, wie mutig die Zuhörer sind, habe ich Kerngedanken aus dem Vortrag mitgeschrieben und kann bei Bedarf selbst vertiefende Fragen formulieren.

Unsere Fragerunde ist mit 45 Minuten sehr lange. Ich registriere die Wortmeldungen, reiche das Mikro, damit die Fragen gut verständlich sind. Zwei Fragesteller gleich zu Beginn stellen nicht eine Frage, sondern nutzen das Mikrophon für einen ausführlichen Elevator Pitch. Ganz offensichtlich sind sie selbstständig und wollen den 100 Zuhörern ihre Dienstleistungen präsentieren.

Die erste Eigen-PR überspiele ich, bohre nach, was denn nun die Frage sei. Doch bei der Wiederholung muss ich als Moderator meine Beobachtung spiegeln und die Spielregeln definieren: Bitte keine Selbstdarstellung, kein Pitch, sondern eine konkrete Frage an den Redner.

Zum Moderieren gehört immer auch der Blick auf die Uhr. Die letzten drei Wortmeldungen. Die letzte Frage. Je größer die Zahl der Zuhörer, desto strenger sollten Sie Ihr eigenes Zeitmanagement im Blick behalten. Auch das gibt Sicherheit und bewahrt davor, dem nächsten Redner die Zeit für seinen Vortrag zu klauen.

Stärken Sie Ihre Präsenz auf der Bühne

Beim Moderieren schaffen Sie Verbindungen: Zwischen Anfang und Ende, zwischen Rede und Pause. Verbal nehmen Sie die Zuhörer an die Hand und führen Sie von Station zu Station. Mir persönlich hilft es sehr, wenn ich dazu auf einer bis max. zwei Seiten den Fahrplan und die Stationen des Events im Blick habe. Während der erste Redner spricht, höre ich aktiv zu, konzentriere mich aber gleichzeitig auf die nächsten beiden Punkte: Was kommt danach, wie geht es weiter?

Je klarer ich die Stationen meiner Moderation vor Augen habe, desto verständlicher kann ich moderieren. Mir ist bewusst, dass ich nicht fehlerfrei, aber klar sprechen muss. Es kommt auf Logik und Herzlichkeit an. Eine Klarheit der Gedanken, aber auch auf emotionale Berührung.

Dazu gehört der Blickkontakt zu den Zuhörern, ein sicherer Stand vor der Gruppe. Manche Moderatoren laufen wie Dompteure in der Manege hin und her, statt einen klaren Standpunkt einzunehmen. Zur Präsenz auf der Bühne gehören auch die Sprechpausen. Nehmen Sie sich als Moderator die Zeit, einen Gedanken wirken zu lassen. Gerade, wenn Sie Zeitdruck spüren, sollten Sie bewußt das Sprechtempo drosseln, damit sich Ihre eigene Unruhe nicht auf das Publikum überträgt.

Wie Sie beim Moderieren ein gutes Ende finden

Zu meinen großen Vorbildern zählt Billy Wilder, der bekannte Hollywood-Regisseur. Er empfahl die Hälfte der Energie in das Ende zu investieren. Was bleibt am Schluss? Was nehme ich als Zuhörer von diesem Tag mit? Wem sollte der Moderator am Ende noch danken? Gibt es ein gemeinsames Essen? Oder einen Büchertisch?

Auch bei der Zukunftsmanufaktur waren dies wichtige Fragen. Ich habe für den runden Abschluss der Tagung eine halbe Stunde eingeplant. Das ist sehr viel Zeit, aber mir war es wichtig, die Fäden zusammen zu fassen und auch genügend Zeit für die Resonanz des Publikums zu lassen.

Im Abschlussteil habe ich einige Zuhörer eingeladen, auf die Bühne zu kommen und kurze Best-Practise-Beispiele aus ihrem Alltag zu erzählen. Aktuelle Projekte, die in die Zukunft weisen. Initiativen, die gelungen sind. Dieser Part war spontan und nicht mit den Beteiligten abgesprochen.

Doch gerade diese improvisierte Leichtigkeit bringt nach vier Stunden eine Energie in die Veranstaltung, vitalisiert die Zuhörer und bereitet das aktive Netzwerken vor.