Seit einem Jahr beherrscht die Pandemie unseren Alltag. Heute möchte ich eine persönliche Corona Bilanz ziehen: Was hat sich in gesellschaftlichen Leben und im Business-Alltag verändert?

Corona Bilanz
Foto: shutterstock

Durchbruch für das Home-Office

Viele Jahre hat ein Freund für die Möglichkeit gekämpft, zu Hause im Home-Office zu arbeiten. Täglich zwei Stunden auf der Autobahn, dazu ein Arbeitsbereich, der wenig Team und sehr viel konzentrierte Einzelarbeit erfordert. Doch plötzlich war das scheinbar Unmögliche binnen Tagen möglich. Seit einem Jahr arbeitet mein Freund zuhause, spart zehntausende von Kilometern, wertvolle Lebenszeit in der Rush Hour.

Sein Plädoyer: Es gibt kein Zurück. Was 12 Monate täglich sehr gut funktioniert hat, wird auch nach der Pandemie der Normalzustand sein. Sicher zum Teammeeting präsent vor Ort, zwischendurch mal wieder die Kollegen sehen – das wäre schön. Ansonsten sieht mein Freund keinen Grund, das Rad zurück zu drehen. Seinen Status im Home-Office will er nicht mehr aufgeben.

Neue Qualität von Beziehungen

Während der Pandemie haben etliche Menschen ihre Beziehungen neu bewertet. Eine Unternehmerin berichtet, dass sie durch die Einschränkung gemerkt hat, welche Freunde ihr wirklich am Herzen liegen. “Plötzlich habe ich gemerkt, dass ich oberflächlichen Smalltalk mit irgendwelchen Bekannten gar nicht mehr benötige”, erzählt sie mir. “Das vermisse ich nicht!”

Umso wichtiger sind die Herzens-Begegnungen mit Freunden. Meine Frau und ich nennen sie “Gefährten”, um die besondere Beziehungsqualität zu beschreiben. Für uns sind das Menschen, mit denen wir tiefe Gespräche führen können, die eine Beziehung von Herz zu Herz schätzen. Gerade in der Pandemie waren diese Gefährten für uns kostbare Begleiter.

Gelegenheit für einen Relaunch

Mich freut es sehr, dass etliche Führungskräfte und Coaches den Lockdown für einen persönlichen Relaunch genutzt haben. Meine Kollegin Agnes Anna Jarosch, mit der ich den Deutschen Knigge Rat und das EPOS Magazin gegründet habe, nutzte die Zeit, um sich als Beraterin neu zu positionieren.

Ich selbst bin diesen Weg auch gegangen und helfe Unternehmern, wie sie “Gestärkt durch die Krise” kommen. Nach meiner Beobachtung rüttelt die Pandemie bei vielen Selbständigen an den Fundamenten der eigenen Identität. Etliche haben erkannt, dass sie sich neu aufstellen müssen, um nach der Krise noch relevant zu sein.

Gleichzeitig bietet ein Relaunch auch die Möglichkeit, alte Zöpfe abzuschneiden. Dienstleistungen, die schon seit längerem nicht mehr gefragt sind, aus dem Portfolio zu nehmen. Neue Angebote zu entwickeln, auch optisch am Logo und der Marke zu arbeiten, damit sie zukunftsweisend sind.

Sich selbst belohnen

Kürzlich berichtete mir eine Selbständige von ihrer jährlichen Fastenkur. “Dieses Jahr war es besonders schwierig!” Ich frage nach dem Warum? Vermutlich weil wir bereits seit Monaten in vielen Lebensbereichen ein Gefühl von Mangel haben…!

Eltern, die seit Monaten Home-Schooling und Home-Office unter einen Hut bringen müssen, drehen schon lange am Rad. Beziehungs-Fasten, Sport-Fasten, Urlaubs-Fasten – auf der emotionalen Ebene spüren viele ein tiefes Defizit, zumal auch die meisten Familien- und Geburtstagsfeiern abgesagt wurden.

Ich denke an meinem langjährigen Freund Paul Donders, der schon seit 20 Jahren dafür plädiert, sich selbst zu belohnen und kleine Siege im Alltag zu feiern. Dazu ein persönliches Beispiel: Meine Frau und ich haben uns einen typisch englischen Picknick-Korb gekauft. Damit feiern wir auch in der Pandemie zwischendurch eine Landpartie, entweder mit dem Cabrio oder dem Rad. Mit Sekt und Tischdecke, leckeren Sandwiches und Kuchen.

Die eigenen Werte neu definieren

Zum Schluss noch ein Thema, dass mir bei dieser Jahresbilanz am Herzen liegt: Mein eigenes Wertesystem. Bereits in der letzten Woche habe ich über mein Mission-Statement geschrieben. Was ist mir wirklich wichtig? Wo will ich hin?

Dabei denke ich über meine persönlichen Werte nach: Die gegenseitige Wertschätzung war für mich schon immer ein wichtiger Wert, doch in der gelebten Distanz musste ich neue Wege finden, Wertschätzung auszudrücken. Ich habe mich entschieden, mehr handgeschriebene Karten statt flüchtiger WhatsApp Nachrichten zu verschicken. Ich bestelle vermehrt Blumen für andere Menschen, versende kleine Päckchen, rufe häufiger an, statt Mails zu schreiben.

Mein Eindruck: Die Pandemie fordert mehr Kreativität, verlangt mehr Erdung. Gerade in diesem großen gesellschaftlichen Umbruch ist es wichtiger denn je, eine innere und äußere Heimat zu haben. Wer Zugang zu spirituellen Quellen hat, kann jetzt daraus neue Kraft schöpfen. Ich persönlich bin dankbar für meine Wurzeln im christlichen Glauben, die mir auch in der Pandemie inneren Halt und Sicherheit geben.