Durch Zufall habe ich in der Buchhandlung den neuen Titel von Axel Hacke entdeckt: “Über die Heiterkeit in schwierigen Zeiten”. Aktuell Platz 1 auf der Spiegel Bestsellerliste. Gleichzeitig frage ich mich: Wie gelingt Heiterkeit in dieser Zeit?

Heiterkeit
Foto: Apple TV

Liegt Heiterkeit im Naturell?

Als Dokumentarfilme schaue ich mir gerne die Arbeit von Kollegen an: Eugene Levy hat es mir in den letzten Wochen besonders angetan. Jeden Freitag moderiert er eine Reisesendung “Urlaub Wider Willen”. Obwohl er das Reisen haßt, wird er von der Redaktion quer durch Europa geschickt.

Das Format ist herrlich schräg: Vor allem die Folge aus Sylt. Im Lanserhof erkundet Levy die Welt der Wellness samt Heubad und Fastenkur. Dass ihm bei einer Anwendung ein Notfall-Knopf in die Hand gedrückt wird, macht ihn stutzig: „Wofür brauche ich einen Panic-Button?“

Womöglich für seine Begegnung mit den 631 Schafen einer Wanderschäferin . Die Vierbeiner kennen keine Berührungsängste – im Gegensatz zum nervösen Hollywood-Star. Die Reise-Dokumentation schafft es sehr gut, mit dem Moderator eine Leichtigkeit zu vermitteln, die in dieser schwierigen Zeit so gut tut.

Shitstorm nach Venedig

Letzte Woche habe ich über den Foto-Workshop berichtet. Nach der Veröffentlichung gab es einen Shitstorm. Etliche treue Fans des Meisters haben mich übel beschimpft. Dabei hatte ich einige Punkte gar nicht erwähnt, die manche von uns respektlos fanden.

Mein Glück: In unserer Gruppe habe ich drei Fotografen kennengelernt, die eine besondere Heiterkeit ausstrahlen. Der gemeinsame Austausch und die herzliche Art waren der Ausgleich zu dem, was wir an negativen Dingen erlebt habe.

Wir haben in diesen Tagen in Venedig sehr viel gelacht. Bereits beim Frühstück war das Glück zu spüren – und mitunter auch noch spät am Abend. Zuhause überlege ich mir, wie ich diese Heiterkeit noch mehr in meinen Alltag integrieren kann.

Ernst ist das Leben, heiter ist die Kunst

Dieser Satz aus Schillers “Wallenstein” zeigt auf, wie wichtig die Balance zwischen den beiden Polen ist. Doch wenn ich in den Nachrichten die schrecklichen Bilder aus der Ukraine, aus Israel und vielen Teilen der Welt sehe, ist kein Raum für Humor, für Leichtigkeit.

Ich merke, wie ungeübt ich bin, in diesen ernsten Zeiten auch Heiterkeit zuzulassen. Lassen Sie mich an dieser Stelle eine sehr persönliche Geschichte von meinem Vater erzählen.

Nach seinem 94. Geburtstag ging es ihm gesundheitlich schlecht. Er legte sich morgens ins Bett und erklärte meiner Stiefmutter, er wolle jetzt sterben. Gemeinsam saßen Ilona und ich mit ihr am Esstisch. Gedrückte Stimmung. Ich hatte einen Kloß im Hals. Kaum einer traute sich zu reden.

Dann ging im Flur eine Tür. Ganz offensichtlich musste mein Vater vor seinem Tod noch mal auf die Toilette. Als er wiederkam, öffnete ich kurz die Tür: “Hast du Lust auf einen Schoko-Muffin”, frage ich ihn. Plötzlich finge er an zu grinsen und seine Augen strahlten. “Gerne”, rief er “und noch eine Tasse Kaffee!”

In Sekundenbruchteilen wandelte sich die Trauergesellschaft in einen fröhlichen Kaffeeklatsch, bei dem es sehr lustig zuging. Alle Todesgedanken waren vergessen. Wir lachten und hatten Spaß miteinander und auch die Lebensgeister kehrten schnell zurück. Nach diesem Intermezzo lebte mein Vater noch ein halbes Jahr.

Das Schwere in etwas Leichtes verwandeln

Bei Axel Hacke habe ich einen passenden Satz gefunden: “Ein heiterer Mensch zu sein, bedeutet nicht, das Schwere zu ignorieren, sondern in etwas Leichtes zu verwandeln.”

Ich freue mich über die Künstler, denen das in Büchern, Theaterstücken und und Filmen gelingt. Aber auch in Musik, in Skulpturen und vielen anderen Darstellungsformen.

Eine Künstlerin, die bei Instagram etwas Leichteitkeit in den Alltag bringt, ist die Schauspielerin Elena Uhlig. Sie macht kleine Videos und animiert zu Beispiel die Gäste in einem ICE zur Musik von Schwanensee zu tanzen. Auch eine 84 jährige ist dabei. “Ich finde sie steckt jeden Schwan in die Tasche”.

Nachdem ich fünf ihrer Videos angesehen habe, ist alle Schwere vergessen. Ich freue mich über die fremden Menschen, die den Mut haben, in einem Zug durch die Flure zu tanzen, und sich dabei auch zum “Affen zu machen”. Was für eine wunderschöne Idee, die tausenden von Menschen Leichtigkeit schenkt.

Zum Schluss noch Loriot

Das Schlusswort in meinem heutigen Beitrag hat der Weltmeister in Sachen Leichtigkeit: Loriot. Ich bekenne, wenn es mir ganz schlecht geht, dann schaue ich “Ödipussi” oder einen seiner Sketche. Das hilft immer. Schon nach wenigen Minuten mit “Herrn Winkelmann” sind viele Sorgen vergessen.

So wie in “Papa ante Portas”:Ein wunderbarer Seiltanz zwischen künstlicher und echter Heiterkeit.

“Wenn es einen Anlass zum Scherzen gibt, schmunzle ich gerne einmal. Auch deine Tante Hedwig: Echte Fröhlichkeit kommt aus dem Herzen. Wir sind heitere Menschen und freuen uns gemeinsam.”

Wer ein aktuelles Meisterwerk der Heiterkeit sucht, dem empfehle ich bei ARTE den Spielfilm “Alles in bester Ordnung.”