Viele Stellenanzeigen erscheinen monoton und wenig inspiriert: Langweilige Texte, das Firmenlogo – mehr nicht. Viele Unternehmer übersehen, wie wichtig Stellenanzeigen für das eigene Image und die Positionierung sind.

Stellenanzeige Positionierung

Wenn Stellenanzeigen Geschichten erzählen

Samstagmorgen kurz vor 7 Uhr: Ich sitze am Küchentisch, um unsere regionale Tageszeitung HNA zu lesen. Dabei fällt mir eine Stellenanzeige besonders auf, die den Rahmen des Gewohnten wohltuend sprengt. Ein junger Hipster klammert sich im Wald an einen Stamm. Umamt das Holz, küsst mit geschlossenen Augen leidenschaftlich die haptische Rinde.

Spontan denke ich an den Megatrend Waldbaden und fange an fröhlich zu grinsen: Clever, dass ein Unternehmen den aktuellen Hype nutzt, um sich öffentliche Aufmerksamkeit zu verschaffen. Doch die Stellenanzeige ist deutlich tiefsinniger angelegt.

Gemeinsam mit der Headline “Wir lieben Holz” entsteht eine stimmige Einheit zwischen Text und Bild, die mich emotional anspricht. Hier hat die Personalabteilung einen cleveren Coup gelandet, der sich hoffentlich auch in der Zahl der Bewerbungen niederschlägt.

Eine exzellente Möglichkeit zum Imagegewinn

Zugegeben: Den Absender der Stellenanzeige kannte ich bislang noch nicht. Durch die außergewöhnliche Inszenierung interessiere ich mich nun zum ersten Mal für das Unternehmen und fange an im Internet zu recherchieren.

“Wir sind eines der größten inhabergeführten Familienunternehmen der europäischen Holzindustrie”, so die Selbstvorstellung von “ante-holz”. “Seit der Gründung 1927 als Sägewerk in Winterberg (Nordrhein-Westfalen), haben wir uns durch nachhaltiges und langfristiges Wachstum zur heutigen ante-Gruppe entwickelt.”

Ich bin mir sicher, dass auch potentielle Bewerber diesen Weg gehen und online die Arbeitgeber-Marke unter die Lupe nehmen. Mit wenigen Klicks erfahren sie, das mittlerweile 750 Mitarbeiter für das Unternehmen arbeiten.

Wie Sie die Leidenschaft der Bewerber herausfordern

Am Beispiel von “ante-holz” lässt sich sehr gut aufzeigen, welches kreative Potential Sie mit einer Stellenanzeige entfalten können: Das Bild des jungen Holzliebhabers sagt mehr als 1.000 Worte, wie sich das Unternehmen selbst versteht.

Für mich wird sichtbar: Wir suchen Mitarbeiter, die alle üblichen Konventionen hinter sich lassen und sich nicht zu schade sind, auch mal “den Affen zu machen”. Wir suchen Fachkräfte, die mit allen Sinnen bei der Sache sind, zupacken, Mut zeigen, mit ihrer Persönlichkeit einen sichtbaren Unterschied machen.

Die Leidenschaft des Bewerbers wird auch durch die Farbe “Magenta” ausgedrückt, die farbpsychologisch für Idealismus und Mitgefühl, aber auch für Arroganz stehen kann. Das passt für mich sehr gut zum Lifestyle der Generation Y und Z und der Sehnsucht, etwas Besonderes zu sein.

Zudem haben die Designer durch die Wahl dieser Schmuckfarbe den Blickverlauf exzellent innerhalb der Anzeige gelenkt: Die Betrachter bleiben im Rahmen zwischen Headline und Mütze “gefangen”.

Stimmiger Übergang zwischen Print und Online-Auftritt?

Aus meiner Sicht hat diese Stellenanzeige das Potential vom Zeit-Magazin als beste Anzeige des Jahres ausgezeichnet zu werden. Einziger Wehrmutstropfen: Es fehlt ein stimmiger Übergang von der Print zur Online-Welt.

Im Vergleich zur innovativen Anzeige wirkt die Webseite veraltet. Das auffällige Magenta als Teil einer erwarteten Corporate Identity fehlt. Der Bewerber findet statt den künftigen Kollegen einen kantigen Holzwürfel und riesige Industrieanlagen.

Schnell entsteht das Gefühl, nur noch als kleines Rädchen im großen Getriebe zu agieren. Menschen spielen im Online-Auftritt nur eine untergeordnete Rolle. Doch in der Anzeige wurde suggeriert “etwas ganz Besonderes” zu sein. Wo sind Menschen, die bei “ante-holz” arbeiten?

Wo sind die Gesichter der Inhaber? Im Impressum werden Jürgen Ante und Julia Ante als Geschäftsführer genannt. Doch weder im Video, noch in der Imagebroschüre oder dem Webauftritt sind sie zu sehen. Warum nicht? Als Bewerber möchte ich meine künftigen Chefs sehen, um Vertrauen aufzubauen.

Die Geschichte hinter der Stellenanzeige

Ich telefoniere mit Theresa Schröder von “ante-holz” und beglückwünsche sie zur außergewöhnlich guten Anzeige. Gleichzeitig bin ich neugierig, ob die Idee von einer professionellen Agentur entwickelt wurde? “Nein”, sagt die Referentin für Personalentwicklung, “die Idee haben wir selbst entwickelt.”

Sie fügt hinzu, dass Ante als hochwertiger Betrieb gegen das veraltete Image der Sägewerks-Branche aktiv neue Akzente setzen will. Die Farbe Magenta und das ungewöhnliche Bild sollen den innovativen Betrieb modern positionieren. Deshalb werde als nächstes auch die Internetseite neu gelauncht.

Kompliment, kann ich dazu nur sagen. Für mich zählen Theresa Schröder und ihre Mitstreiter jetzt schon zu den Gewinnern im Wettbewerb um die besten Stellenanzeigen 2019.